Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XV
Zum leider aktuellen Thema Erinnerungen erlebt man auch als Raketenwissenschaftler stets Neues.
Es ist wenig verwunderlich, dass ein Raketenwissenschaftler wegen der ganzen nerven- und hirnaufreibenden Forscherei gelegentlich eine Erinnerungsstütze braucht. Doch solche Hilfsmittel müssen kreativ sein, damit die grauen Zellen nicht zu träge werden.
Gerne helfen wir uns diesbezüglich untereinander. Meinem Kollegen, dem Herrn Schwalbach, habe ich neulich beim Gehirnjogging geholfen, indem ich sein Stückchen* von seinem Schreibtisch nahm und auf seiner PapierBlaupausenablage ablegte.
Bei seiner Rückkehr zu seinem Laborplatz erinnerte er sich schnell, dass er eigentlich noch ein Stückchen essen wollte, aber eine andere Lokalisierung memorisiert hatte als die, die das nun scheinbar verschwundene Stückchen einnahm. Leider setzte seiner kurzfristigen Verwirrung und der damit verbundenen neuronalen Kräftigung ein schier unaufhaltsamer Lachanfall meinerseits ein Ende. Ich gelobte feierlich, an meiner Selbstbeherrschung zu arbeiten, um den Erhalt unserer Forscherhirne auch weiterhin mit vollem Einsatz vorantreiben zu können.
Der Herr Schwalbach arbeitet aber auch selbst mit sehr avantgardistischen Methoden daran, seinem Gedächtnis einfach alles abzuverlangen. So zeichnete er jüngst das unten gezeigte rote Herz als Erinnerung dafür auf, dass er noch Stuhlauflagen in einer bestimmten Farbe kaufen musste.**
Erinnerungen ganz anderer Art hinterlässt die Vogelwelt um mein Raketenlabor herum. Nicht genug, dass Vögel regelmäßig die Terrassenmöbel zuhause düngen, nein! Die Tauben in Eschborn nehmen sich heraus, mir beim Forschen zuzuschauen und dabei erst einmal einen kräftigen Morgenschiss von sich zu geben. Na, oder auch zwei.
Besten Dank, sage ich da. Von wegen Ratten der Lüfte: Fensterbankflugferkel wäre ein weitaus angebrachterer Begriff.
Ein Gruß aus der Natur.
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* Das heißt in Hessen nun einmal so. Andere germanische Volksgruppen kennen das süße Stück Gebäck auch als Teilchen.
** Diese Stuhlauflagen hatte sich seine Frau beim letzten Möbelhausbesuch zum Geburtstag gewünscht. Nach den vielen Jahren Ehe ist es unwahrscheinlich, dass der Herr Schwalbach das Herz wegen seiner Frau und nicht wegen der Stuhlauflagen gezeichnet hat. Das sagt jedenfalls mein Raketenwissenschaftlerkollege, der Herr Schmidt.
14 thoughts on “Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XV”
Ich kenne diese Taube – die sitzt manchmal auch bei mir auf der Fensterbank. In Eschborn 🙂
Na, da bin ich ja froh, dass ich nicht der Einzige bin, der das Vieh zum Verdauungsabschluss bringt. 🙂
Vielen Dank, Herr Scheibster, für die für uns Laien doch sehr interessanten Einblicke in das Raketenwissenschaftlerdasein – und die Erkenntnis, dass auch Raketenwissenschaftler mit den gleichen profanen Alltagsdingen zu kämpfen haben wie unsereiner.. das ist eine große Beruhigung! Übrigens habe ich gehört, dass Vogelschiss nicht nur Glück bringen soll, sondern dem Empfänger auch ein langes Leben beschere! Daher parke ich mein Auto jetzt immer unter dem Taubenbaum, auf dass es möglichst alt werde. Herzlichen Gruß von FrauVau
Mich fasziniert ja das mit dem Stückchen/Teilchen.
Die Österreicherin kann sich darunter definitiv nichts vorstellen – bitte um Aufklärung!
@FrauVivaldi: Und ich dachte, ihr Auto sei schon alt? 🙂 Aber es kann in der Tat nix schaden, wenn es noch eine Weile hält.
Profane raketenwissenschaftliche Grüße zurück!
@dieJulia: Stückchen meinen handliches Süßgebäck, Frau Julia. Schokobrötchen, Puddingbrezeln, Quarkplunder, Amerikaner, Kreppel/Berliner/Pfannkuchen, Kirschtaschen, Mohnschnecken und all solch Teufelswerk.
Falls das nicht reicht, werde ich meinen nächsten Post der Aufklärung dieses Themas widmen. 🙂
Äh.
Und wieso sagt man dann nicht einfach “Schokobrötchen, Puddingbrezel, Quarkplunder, Amerikaner, Kreppel/Berliner/Pfannkuchen, Kirschtasche oder Mohnschnecke” dazu, sondern TEILCHEN bzw. STÜCKCHEN?!
Das Klischee geht ja immer dahingehend, daß “der Deutsche” so pragmatisch sei?
Oder könnten dem “-chen” vielleicht eiskalt kalorienleugnende Verharmlosungstendenzen zugrundeliegen? ;-))
Berechtigte Fragen, Frau Julia. Ob da wirklich preußische Pragmatik im Spiel war, kann ich leider nicht sagen. Ich glaube nicht, denn mit Stückchen kann man nun wirklich keinen Krieg gewinnen.
Ihre Theorie der Verharmlosung klingt sehr viel einleuchtender: “Es ist doch nur ein kleines Stückchen, auch wenn’s eine Riesenpuddingbrezel für 2,50 ist. Das kann ja gar nicht böse sein.”
Im Hessischen werden die Stückchen im übrigen “Schdüggschär” (mit weich gesprochenem “sch”) ausgesprochen. :o)
Wieso habt ihr noch Tauben draussen wenn ihr Raketen bauen könntet?
Da stehe ich etwas auf dem Schlauch. Liegt wahrscheinlich an der ganzen Forscherei.
Wir bauen ja Raketen für die Raumfahrt, nicht etwa zum Tauben- und schon gar nicht zum Tontaubenschießen.
Ich kenne auch nur TEILCHEN – Stückchen habe ich noch nie gehört. Das sind die feinen Unterschiede zwischen NRW und Hessen. Aber danke für die Aufklärung. Sollte mir in Frankfurt jemals nach Süßem gelüsten, werde ich ein Stückchen ordern.
Hört sich so fremd an.
Vor meiner Haustür ist auch ein Taubenbaum, der wird gnadenlos als Klo für ca. 1000 Tauben genutzt. Eine Nacht darunter geparkt und Dein Auto hat sich in einen Haufen Scheiße verwandelt.
Das ist so eklig
Ja, so sind sie, die feinen regionalen Unterschiede. 🙂
Tausend Tauben sind ja heftig. Ich kann’s mir lebhaft vorstellen, will ich aber eigentlich gar nicht…
Als Raketenwissenschaftler, werter Herr Scheihster, besitzen Sie doch sicherlich auch einen Raketenwerfer. Hauen Sie das Scheißvieh doch einfach von der Brüstung. Am besten freitags, dann hat der Glaser drei Tage Zeit für die neue Fensterfront.
Ihr Erdge Schoss
Aber Herr Schoss, ich schieße doch nicht auf Tiere, nicht einmal auf solche.
Vermutlich wird es auch ein gekonnter Wurf mit Blaupausen oder mit dem Stückchen von Herrn Schwalbach tun.