Ist hier nicht gegeben
“Tut mir leid”, sagte der Beamte mit der Helmut Kohl-Gedenkbrille und dem Kranz aus Resthaar zu dem seinem Gegenüber und gab ihm ein Blatt Papier zurück. “Eine Gemeinnützigkeit ist hier nicht gegeben.”
Das ohnehin blasse Gesicht seines dünnen, rund fünfzig Jahre alten Gegenübers wurde aschfahl. Hans-Anton Kleinfeld spitzte die Lippen und drückte die Worte nervös zwischen den nikotingelben Schneidezähnen heraus.
“Das können Sie mir nicht antun! Ich habe einflussreiche Freunde im Gartenbauverein. Und Ihre Frau Waltraud singt doch immer mit den ‘Pfeifenden Bachstelzen’ auf dem Sommerfest.”
Der Beamte, durch sein Türschild eindeutig als Enno Mullmann-Liedlich zu erkennen und für das örtliche Vereinswesen zuständig, lehnte sich zurück. Sein Hemd spannte dabei etwas und musste schnell die Abwesenheit von Deo erkennen, als Herr Mullmann-Liedlich seine Brille zurecht schob und die Arme hinter dem Kopf verschränkte.
“Und was, Herr Kleinfeld, soll an ihrem Verein ‘Feinde des Dsungarischen Zwerghamsters’ gemeinnützig sein?”
Das aschfahle Gesicht des Antragstellers wechselte schlagartig die Farbe, und zwar auf ampelrot und erinnerte dabei ein wenig an drei Tage alte Pommes rot-weiß.
“Das habe ich in meinem Schreiben ausreichend dargelegt. Die Biester essen meine Zwiebeln, das Sofa meines Schwagers und Herrn Bitterwegs Gartenlaube. Jemand muss sie aufhalten!”
“Sicher, sonst übernehmen sie die Weltherrschaft. Gut, dass sich jemand wie Sie darum kümmert, Herr Kleinfeld.” Der kranzhaarige Beamte befeuchtete mit Sorgfalt einen historisch anmutenden Stempel und nahm Kleinfeld das Papier wieder aus der Hand. Dann ließ mit dem Donnern all seiner Amtsgewalt den Stempel darauf herniederfahren. Kleinfeld nahm mit großen Augen und zittrigen Fingern den Antrag entgegen.
“Abgelehnt? Herr Mullmann-Liedlich, Sie haben… abgelehnt?” Ungläubig starrte Kleinfeld auf das vernichtende Urteil auf seinem mit so viel Leidenschaft verfassten Schreiben.
“Hm”, brummelte Mullmann-Liedlich, zuckte mit den Schultern und starrte sehnsüchtig auf seine Brotdose und dann auf die Uhr. “Ist schon zwölf, Herr Kleinfeld. Wir machen jetzt Mittag.”
“Geben Sie mir noch eine Chance”, zischte Kleinfeld, zauberte aus seinem karierten Jackett ein weiteres Schreiben hervor und legte es dem Beamten auf den Schreibtisch. Widerwillig nahm Mullmann-Liedlich das Formular entgegen und überflog es.
“Kleinfeld, das ist der gleiche Text wie bei dem ersten Antrag. Was soll das?” Der Beamte blickte den Möchtegern-Vorsitzenden der ‘Feinde des Dsungarischen Zwerghamsters e.V.’ durch die verschmierte Brille mit einer Mischung aus amtlicher Arroganz und Langeweile an.
“Schauen Sie, es ist nicht alles gleich!” Zittrige, gelbe Finger deuteten auf einige Stellen im Schreiben. “Es heißt nun: ‘Verein für medizinisch notwendige und äußerst nützliche Experimente an Dsungarischen Zwerghamstern e.V.’ Das ist der Unterschied.”
“Ich mache jetzt Mittagspause, Kleinfeld”, sagte der Beamte und nahm einen zweiten Stempel zur Hand. “Unter diesen Umständen: Genehmigt.” Ein weiteres Donnern besiegelte den Akt. “Macht dann fünfzig Euro neunzig.”
“Grüßen Sie Ihre Frau recht herzlich von mir, Enno.” Alle drei Schritte einen kleinen Sprung machend, das gestempelte Formular in der Hand und fünfzig Euro neunzig ärmer verließ Kleinfeld die Amtsstube, um sich seiner neu gefundenen Lebensaufgabe zu widmen.
3 thoughts on “Ist hier nicht gegeben”
Hach, ist das schön, dass Sie wieder da sind!
Freut mich, dass Sie sich freuen, FrauVau.
Trinken Sie am besten ein Glas Rotwein darauf. 🙂
*schmoll*
Das ist immer so – wer den Schaden hat..
Jaja!
Is schon gut.
Harhar.
Hauptsache, SIE hatten Ihren Spaß.
—
😉