Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XXXVII

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XXXVII

Es ist wahr, ich glänze hier mit gewohnter Abwesenheit, zumindest in den letzten Wochen. Allerdings hatte ich einen guten Grund, denn bei der eigenen Hochzeit mit Abwesenheit zu glänzen hätte ich doof gefunden. Und ich bin mir sicher, dass ich damit nicht alleine gewesen wäre. So ist denn dort alles gut gegangen, und ich hoffe auf und strebe nach Nachhaltigkeit.

Apropos: Auch schon vor meinen raketenwissenschaftlichen Partnerschaftsexperimenten habe ich mich für mehr Nachhaltigkeit und gegen geplante Obsoleszenz eingesetzt, und nicht nur ich, auch mein Raketenlabor tut etwas dagegen – und fantastischerweise auch gleich gegen die Eurokrise. Das erreicht es durch Verwendung von Raketenwissenschaftlermittagessenbezahlkartenaufladungsautomaten, an denen Konrad Zuse selbst angeblich noch mitgewirkt hat. Diese Maschinen kennen den Euro nämlich noch gar nicht und sind daher krisenfest, was auch unschwer an den Abnutzungsspuren zu erkennen ist. Die sind da, aber das Gerät funktioniert.


Scarface unter den Automaten: Wenn das mal keine Anregung ist, die alte “Bank deutscher Länder“-Sammlung aufzulösen.

Ich hingegen fokussiere mich bei meinem Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft auf raketenwissenschaftliche Haushaltsgeräte. So benutze ich schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert (mit der ein oder anderen Kurzhaarpause) den gleichen Fön. Einen supercompact 1200 von Braun, hergestellt in Irland. Mein Raketenwissenschaftlervater tauschte noch im letzten Jahrtausend das defekte Stromkabel aus, und ich reparierte unlängst mit Superduperschnellalleskleber gravitations-, grobmotorik- und badfliesenbedingte Kunststoffabsplitterungen am Lufteinlass.

Und er fönt wie am ersten Tag.


Irische Wertarbeit: Heiße Luft für Generationen!

Und was, liebe Lesende, ist euer Beitrag?

Ein Mann von Prinzipien

Ein Mann von Prinzipien

Dieses hier ist ein Beispiel für einen Inspirationsfunken, der mir im Kopf herumschwirrt. Daraus könnte ich sicherlich noch mehr machen. Tue ich vielleicht auch. Aber als erstes Buch ist eigentlich eins mit Gedichten dran. Sei’s drum.

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Heute ist wohl nicht mein Tag, seufzte Angus Axebite in sich hinein. Erst der Zwischenfall mit der verrückten Priesterin am Morgen, und jetzt das. Nicht einmal mehr in Ruhe Pinkeln konnte er. Zwischen dem erwählten Gebüsch und seinem an die Satteltasche seines Pferdes gebundenen Schwert waren etwa dreieinhalb Schritte zu viel. Und dreieinhalb* Gestalten. Um ihn herum. Zweieinhalb davon mit Armbrüsten. Und der Dritte…

“Ihr habt Glück”, sagte der Zyklop und schlenderte an Angus vorbei, bis er hinter ihm stand. “Ich bin ein Mann von Prinzipien. Ich nehme nur von den Toten.”

Von denen gibt es reichlich in den letzten Wochen, dachte Angus, und der Wind strich ihm sanft über die Finger seiner erhobenen Hände. Und wenn ich dich wiedersehen sollte, gehörst du dazu. Das ist ein verdammtes Versprechen.

Der Zyklop war eigentlich kein Zyklop, sondern nur ein Streuner mit einer schwarzen Augenklappe aus Leder. Als er sich hinter Angus stellte, wurde klar, dass er – ganz in Harmonie mit dem Rest seiner Erscheinung – keinen gesteigerten Wert auf Mundhygiene zu legen schien.

“Ich bin einfallsreich darin, dafür zu sorgen, dass ich mich an meine Prinzipien halte”, flüsterte er Angus halblaut ins Ohr.

Dann spürte er den stechenden Schmerz einer rostigen Klinge, die sich zwischen seine Rippen bohrte. Angus fiel vorne über auf den steinigen Boden. Während die Welt um ihn schwärzer und unwirklicher wurde, spürte er die Wärme seines eigenen Blutes, das sich unter ihm sammelte. Angus fühlte seine Wut, als der Zyklop sich einfach nahm, was er bei sich hatte. Wasser. Proviant. Die letzten Kupfermünzen. Das seltsame magische Kristalldings, von dem er ahnte, dass es irgendwann noch einmal einen Sinn haben würde, und das er mangels Kenntnis seines wahren Namens einfach “verfluchtes Stück Zaubererschrott” getauft hatte.

“Was schleppst du denn mit dir herum, Glückspilz?”, schnarrte der Zyklop vor sich hin, während er sich seinen Beutel vollstopfte. Dann wandte er sich zum Gehen und verschwand mit den anderen zweieinhalb Gestalten im Zwielicht der heranbrechenden Nacht. “Wir sehen uns! Naja, vielleicht auch nicht”, rief er Angus mit einem zufriedenen Lächeln noch zu.

Rattendrachen hatten sich um Angus versammelt. Zwei tranken von seiner Blutpfütze am Boden, ein dritter biss ihn in die Nase. Verzieht euch, ihr verdammten Biester, dachte er, bevor ihn die Schwärze endgültig umgab.

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“Angus, Angus, Angus. Was soll ich bloß mit dir machen?” Die verrückte Priesterin schüttelte ihren Kopf, wobei ihre rabenschwarzen Locken einen eigenwilligen Tanz vollführten.

Angus öffnete seine Augen.

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*Bei der halben Gestalt handelte es sich um einen Zwerg namens Hapo. Hapo leitete sich her aus “halber Portion” und dem eher simplen Humor von Hapos Kumpanen. Hapo fand das eher nicht komisch, aber ihn fragte ja nie jemand. Das hatte schon bei seinen Eltern angefangen, die ihn eigentlich Rockhead getauft hatten. Wenigstens hatte er mittlerweile herausgefunden, dass ein Zwerg, der eine gespannte Armbrust in den Händen hält, stets eine gewisse respektvolle Aufmerksamkeit von seiner Umgebung erfuhr. Er hatte schon versucht, mit seinen Kumpanen darüber zu reden, bisher erfolglos. Hapo führte diese Erfolglosigkeit darauf zurück, dass sie auch Armbrüste besaßen und sich sein Aufmerksamkeitsvorteil so ausglich. Irgendwann würde er ihnen ihre blöden Armbrüste klauen, und dann wurden auch sie ihm zuhören. So viel war sicher.

Letzte Nacht, mit Jopi Heesters (4)

Letzte Nacht, mit Jopi Heesters (4)

“Du, Florian”, sagte ich zu meinem Freund Florian, der gerade genüsslich in einer Schüssel gesalzener Erdnüsse wühlte, “Weißt du noch, vor einer Weile, da hatte ich so seltsame Träume…”

Florian schaute von der Schüssel auf und zu mir. “Ja, mit Jopi Heesters”, nuschelte er zwischen den Erdnussstückchen in seinem Mund hindurch.

“Letzte Nacht, nach langer Zeit, habe ich wieder von ihm geträumt”, erzählte ich. “Er begrüßte mich überschwänglich. Offenbar hat er mich wiedererkannt, trotz seines biblischen Alters.”

Florian hob ungläubig eine Augenbraue. “Ich glaube, der hat geblufft. Das macht mein Opa auch immer so, wenn er jemanden trifft, ganz gleich ob er weiß, wer der Typ ist. Oder die Frau. Das macht er auch bei Leuten, die er noch nie getroffen hat, nur um sicher zu gehen. Wie neulich den polnischen Stromableser von den Stadtwerken.”

“Also, ich glaube trotzdem, dass er mich wiedererkannt hat. Er schaute nämlich zuerst auf meine Füße. Dann bestellte er eine Kanne Nierentee und sagte, dass er noch mal ganz von vorne anfangen will.”

“So mit neuem Beruf und so?” fragte Florian.

“Noch weiter vorne. Mit einer anderen Grundschule. Er sagte, er fand seinen Musiklehrer in Holland damals total doof, und der hätte ihm fast seine Karriere versaut. Jetzt wollte er sich eine andere Grundschule suchen. Das hätte sein alter Musiklehrer dann davon.”

“Letzte Woche hat mein Opa meinen alten Musiklehrer getroffen und ihn freudestrahlend umarmt”, erwiderte Florian und schaute sich nach einer neuen Schüssel mit Erdnüssen um. “Obwohl er ihn gar nicht kannte. Aber Nierentee mag er auch, mein Opa.”

Ich nickte zustimmend und fragte mich, was wohl aus Florian geworden wäre, wenn er Jopis alten Musiklehrer in der Schule gehabt hätte.

Wie auch Regenschürm

Wie auch Regenschürm

Würd’ ich als Kastanie leben,
also als ein -nbaum mit Wurzeln,
behängt’ ich mich mit Spinneweben,
ließ im Herbst Kastanien purzeln.

Im Sommer, dann, wenn’s richtig heiß,
da hielt mein Schatten frei von Schweiß
all jene, die zu meinen Füßen
sich ihren Tag mit Schlaf versüßen.

Im Lenz lüde* ich Meisen, Pfauen,
ja, Amseln, Drosseln, Finken, Spatzen
ein ins Geäst zum Nester bauen
und hätt’ ein Auge** auf die Katzen.

Selbst beim allerdicksten Regen
tät’ ich mich nicht weit bewegen
und wäre Mensch, Tier und Gewürm
ein Sonnen- wie auch Regenschürm.

Zur Winterzeit, da würd’ ich ruh’n,
in weißem statt in grünem Kleid,
wär’ weit entfernt von hektisch Tun –
mein Chef, der wäre grün vor Neid!

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*Da habe ich mal wieder eine gefunden, eine wundervolle grammatikalische Herausforderung der deutschen Sprache: In den Top Drei waren zudem “lädete” und “löde”.
**Wer jetzt behauptet, Bäume hätten keine Augen, den muss ich fragen: Warum gibt es dann Holzaugen, und meistens wachsame? Na?

“Einen Schatz, haha!” – Ein Piratenepos

“Einen Schatz, haha!” – Ein Piratenepos

Es dachte einst ein Abenteurer:
“Mein Wein wird jeden Abend teurer!
So kann das echt nicht weiter gehen,
sonst ist mein Ende abzusehen!

Ich höre hier in der Spelunke
ob meiner Zukunft nur Geunke!
Am Automaten, da will ich nicht flippern –
besser mit Piraten die See durchschippern!

Ihr Landratten lernt mich noch kennen!
Ich werde mich jetzt umbenennen!
Von San Juan bis Mexikos Golf
wird man mich fürchten als Rosa Rolf!”

Mit rechtem Getöse und Radau
brach Rosa Rolf auf nach Curaçao
und heuerte sehr bald dort an
bei ‘nem Piraten namens Jan.

Bei Jan jedoch tat es noch hapern –
vor allem mit dem Schiffe kapern –
am besten könnte er laut Fluchen
und nach vergrab’nen Schätzen suchen.

Es wär’ ein solches Abenteuer
zudem noch frei von jeder Steuer!
Er bräuchte trotzdem dann und wann
auf seinem Schiff ‘nen Steuermann.

“Ha! Ich umfahre jede Klippe!”,
rief Rosa Rolf mit dicker Lippe.
Und so schrie Jan: “Genug Blabla,
wir jagen einen Schatz, haha!”

“Suchst du nach ‘nem Schatz mit Karten,
brauchst du auf jeden Fall ‘nen Spaten!”,
brillierte Rosa Rolf vor Jan –
der war davon sehr angetan.

Er hätte auf dem Klo gesessen,
davon gequält, was er vergessen,
jetzt wüsste er auch wieder was.
Piraten, ja, die haben Spaß!

Es sagte Rolf, dass er gern wüsste –
man segelte entlang der Küste –
wessen Schatz sie heuer suchten?
Den von irgendwem verruchten?

Käptn Jan wüsste von nix,
der Eigner hieße wohl Herr X,
das jedenfalls ständ’ auf der Karte
mit dem Hinweis auf’s Verscharrte.

Nach ein wenig Hin und Her
zwischen Inseln und durch’s Meer
kriegte Rosa Rolf Schluckauf*
und lief auf eine Sandbank auf.

Zum Glück für die Piratenschar
war da das Ziel schon ziemlich nah,
Spaten und Karte gut verpackt –
man schwamm den Rest – natürlich nackt.

Am Strande dann ging Käptn Jan
der Crew voraus mit Steuermann,
zielsicher rechts zu Herrn X’ens Höhle –
die Piraten starteten Gegröhle!

Rosa Rolf griff sich den Spaten,
grub nach des Herrn X’ Ersparten,
fand eine Kiste, schwer verdreckt:
Ein Zettel war darin versteckt.

“Sehr geehrter Herr Pirat!”,
stand geschrieben dort, Zitat:
“Gratulation, Schatz ist gefunden.
Du hast dich sicher sehr geschunden!

Doch das Gold, das hier einst war,
hab’ ich verschleudert, wirklich wahr!
‘ne Frau, ein Schiff – leider gesunken –
den Rest hab’ ich mit Rum vertrunken.

Auf dass ich hier weg komm’, malte ich
jene Karte und schickt’ sie an dich.
Jetzt, da du das liest, da zieh’ ich ganz keck
dein Schiff von der Sandbank und segel’ weg!

Ich leg’ mich jetzt schlafen in deiner Kajüte –
bei dir um die Ecke steht meine Hütte,
da wächst so mache Kokosnuss –
anfangs ist das noch ein Genuss!

Das Klima hier ist wirklich toll,
nur die Latrine leider voll.
Ich hoffe, du bist gut zu Fuß!
Tschüß, dein Herr X, mit liebem Gruß.”

Es war’n die Piraten still und stumm –
Herr X verkaufte sie für dumm!
“Der Schatz”, rief Jan, “der muss hier sein,
ich spüre das im linken Bein!”

Käptn Jan und seine Piraten
suchten noch Jahre mit dem Spaten,
doch einen Schatz fanden sie nie –
am Ende schmerzten nur die Knie.

Bevor sie auf der Insel versauert,
schwammen sie heim (hat lange gedauert).
Rosa Rolf jedoch verschwand,
da er den wahren Schatz erkannt.

Eine Insel, nur für sich –
das war wahrhaft königlich!
Er lebte lange dort, zufrieden –
bis er dann irgendwann verschieden.

Für des Herrn X’ens alte Truhe,
schrieb er zuvor in aller Ruhe
einen zweiten Piratenbrief,
und er vergrub das Ganze tief.

“Von Rosa Rolf (Pirat), P.S.:
Bevor ich dieses hier vergess’ –
Jagst du nach den größten Schätzen,
lerne, was du hast zu schätzen!”

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*Hier bekamen, so wollte es der Zufall, Rosa Rolf zusammen mit der Metrik einen kleinen Anfall von Seekrankheit. Lesen Sie darob bitte “Schluck’auf”, also mit der Betonung auf “auf”. Öff öff.