Letzte Nacht, mit Jopi Heesters (4)
“Du, Florian”, sagte ich zu meinem Freund Florian, der gerade genüsslich in einer Schüssel gesalzener Erdnüsse wühlte, “Weißt du noch, vor einer Weile, da hatte ich so seltsame Träume…”
Florian schaute von der Schüssel auf und zu mir. “Ja, mit Jopi Heesters”, nuschelte er zwischen den Erdnussstückchen in seinem Mund hindurch.
“Letzte Nacht, nach langer Zeit, habe ich wieder von ihm geträumt”, erzählte ich. “Er begrüßte mich überschwänglich. Offenbar hat er mich wiedererkannt, trotz seines biblischen Alters.”
Florian hob ungläubig eine Augenbraue. “Ich glaube, der hat geblufft. Das macht mein Opa auch immer so, wenn er jemanden trifft, ganz gleich ob er weiß, wer der Typ ist. Oder die Frau. Das macht er auch bei Leuten, die er noch nie getroffen hat, nur um sicher zu gehen. Wie neulich den polnischen Stromableser von den Stadtwerken.”
“Also, ich glaube trotzdem, dass er mich wiedererkannt hat. Er schaute nämlich zuerst auf meine Füße. Dann bestellte er eine Kanne Nierentee und sagte, dass er noch mal ganz von vorne anfangen will.”
“So mit neuem Beruf und so?” fragte Florian.
“Noch weiter vorne. Mit einer anderen Grundschule. Er sagte, er fand seinen Musiklehrer in Holland damals total doof, und der hätte ihm fast seine Karriere versaut. Jetzt wollte er sich eine andere Grundschule suchen. Das hätte sein alter Musiklehrer dann davon.”
“Letzte Woche hat mein Opa meinen alten Musiklehrer getroffen und ihn freudestrahlend umarmt”, erwiderte Florian und schaute sich nach einer neuen Schüssel mit Erdnüssen um. “Obwohl er ihn gar nicht kannte. Aber Nierentee mag er auch, mein Opa.”
Ich nickte zustimmend und fragte mich, was wohl aus Florian geworden wäre, wenn er Jopis alten Musiklehrer in der Schule gehabt hätte.
3 thoughts on “Letzte Nacht, mit Jopi Heesters (4)”
Der Dialog erinnert ein wenige an Loriot, wenn er seine Protagonisten antworten ließ, was eigentlich gar nicht gefragt war, aber dann doch irgendwie zum Vorangesagten passte. Gefällt mir.
Da fühle ich mich aber sehr komplimentiert, mein Lieber! 🙂 Es scheint in der Tat so zu sein, dass der intensive Konsum von Loriots Werken während meiner Kindheit und Frühjugend nicht spurlos an mir vorbeigegangen ist. Gut so.