"Is this the real life…"
Wem beim Lesen des Titels dieses Beitrages sofort “…is this just fantasy…” und Queens “Bohemian Rhapsody” mindestens für die 5:56 Minuten Gesamtlänge durch den Kopf schwirrt, der darf gefahrlos weiterlesen. Dies wird ein endloser ziemlich langwieriger umfangreicher Text zu mir und Musik.
Musik ist ein nicht wegzudenkender Bestandteil meines Lebens. Aktiv beschränke ich mich auf schräg Singen zu allen unpassenden Gelegenheiten und dem spaßigen SingStar.* Musik hören ist da schon sehr viel mehr mein Ding. Diese Leidenschaft, gekoppelt meinem missionarischen Sendungsbewusstsein, hätten aus mir bestimmt einen guten Radiomoderator oder Musikredakteur** gemacht. Statt dessen bin ich nun Raketenwissenschaftler. Kein schlechter oder unehrenhafter Beruf, ganz klar, und sicher besser bezahlt. So ist das mit den Entscheidungen, die man im Leben trifft. Kein Licht ohne Schatten – und umgekehrt.
Musik ist auch für andere wichtig, doch habe ich das Gefühl, mehr als andere Menschen leiden zu müssen, wenn es plötzlich keine Musik mehr gäbe. Soundtrack des Lebens, Ausdruck für das Unausdrückbare, Zuflucht, Expedition, Lebensgefühl: All das und noch mehr ist Musik für mich. John Miles beschrieb das 1976 (zufälligerweise das Jahr meiner Geburt) mit “Music” besser, als ich es hier aufschreiben könnte.
Wie kam es eigentlich so weit? Wenn ich an meine Wurzeln denke, die ersten Interessen, so muss ich mehr als schmunzeln und mich wundern, wie es so weit kommen konnte.
Die ersten Anfänge: Udo Jürgens meets Klaus Eberhartinger
Jeder Mensch braucht Orientierungsphasen. Meistens beginnen die mit den Schallplatten der Eltern. Da waren so tolle Sachen wie Küchenlieder dabei, die ich sehr ernst nahm und die mich deswegen tatsächlich zum Weinen*** brachten. Nachdem ich das ohne Trauma überstanden hatte, waren Michael Holm, Udo Jürgens und Adam und die Mickys an der Reihe. Mit englischer Musik konnte ich mangels Sprachkenntnis zu jener Zeit nicht viel anfangen****, also war als nächstes die Erste Allgemeine Verunsicherung dran (als erste ganz eigene Musik-LP). “Banküberfall” und “Märchenprinz”, später auch “Küss die Hand, schöne Frau” konnte ich auswendig darbieten.***** Das hat mich immerhin bis zum stellvertretenden Klassensprecher gebracht.
Und mit dem ersten Englisch-Unterricht wuchs das Interesse an englischsprachiger Musik. Die ließ sich prima aus dem Radio aufnehmen (und was habe ich mich geärgert, wenn ich beim fiebrigen Warten während der alldonnerstäglichen hr3-Hitparade den Aufnahmeknopf zum falschen Zeitpunkt drückte), aber man konnte auch sein Taschengeld investieren und sie kaufen. Das mache ich bis heute noch, denn gute Musik verdient es, gekauft zu werden.
Allerdings hat sich meine Definition von “guter Musik” weiterentwickelt. Damals hielt ich Mandy Winter, Milli Vanilli und Michael Jackson für eine echt prima Entscheidung. Bei Michael Jackson bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich ihn immer noch irgendwie gut finden soll. Vor Monaten hörte ich quasi überraschend im Radio “Man In The Mirror”, und war schwer beeindruckt über diesen Überfall aus den Tiefen der frühpubertären musikalischen Erinnerungen.******
Und dann, zu meinem zwölften Geburtstag, schenkte mir mein ältester Freund Andreas zwei Kassetten mit Liedern der Ärzte. Welchen Eindruck das bei mir und der mich erziehenden Umwelt hinterließ, werdet ihr in Teil 2 erfahren – wenn ihr wollt.
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*Zugegeben, als ich noch bedeutend jünger war, habe ich Heimorgel gespielt und bei Herrn Ciba, meinem damaligen Musiklehrer, im Chor gesungen. Außerdem habe ich mir 2005 eine E-Gitarre gekauft und mindestens schon drei Akkorde gelernt. Letzteres ist aber schon fast mehr als ein Jahr her. Schade eigentlich.
**”Du hast echt ein Gesicht fürs Radio!” hat zum Glück noch niemand zu mir gesagt. Aber falls doch, gehe ich auf jeden Fall zu hr3 und werde Werner Reinkes Copilot.
***Auch Jungs dürfen das, jedenfalls wenn es dunkel ist und keiner sieht. Nun, Mama hat es gesehen, und ich tat ihr sehr leid.
****Wenn man von der Begeisterung für “It’s A Sin” von den Pet Shop Boys absieht, das mir im richtigen Moment auch noch heute einen Schauer über den Rücken jagen kann. Und Modern Talking fand ich zu jeder Zeit doof.
*****Memo an mich selbst: Unbedingt mal die CDs besorgen. Die Schallplatten und MCs taugen nix mehr.
******Ich war damals sogar in “Moonwalk” im Kino. Für alle Jüngeren: Das war ein Kinofilm von und mit M.J. Muss man aber nicht gesehen haben. Nun, damals schon.