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Tag: Toleranz

Blaudunstige Geschmacklosigkeit

Blaudunstige Geschmacklosigkeit

Ich greife nun ein Thema auf, dass ich in sendungsbewusster Art und Weise immer wieder gerne aufgreife: Das Rauchen.

Goss doch heute eine Meldung Öl in mein leidenschaftlich loderndes Nichtraucherfeuer.* Die (bundesdeutsche) Wissenschaft hat es bewiesen: Raucher haben weniger olfaktorische Lebensqualität als andere. Umgangssprachlich meint das, dass Raucher teils bedeutend weniger riechen und schmecken als Nichtraucher**, und dass Rauchen sogar zu chronischen Schäden an den entsprechenden Nerven führen kann.

Das muss, gerade wenn man wie ich auch bei sommerlichen Temperaturen auf den ÖPNV angewiesen ist, nicht zwangsweise von Nachteil sein. Ja, liebe Raucher, gelegentlich mag fehlende Sensibilität von Nase und Zunge durchaus ein Segen sein. Mir bleibt aber die Frage, ob ich für den blauen Dunst freiwillig auf ganze Sinnesdimensionen verzichten würde.***

Von meinen eigenen Riech- und Schmeckerlebnissen ausgehend kann ich nachempfinden, dass die genannten Einschränkungen für viele Raucher (wie auch für Knoblauchgourmands) eine Art Selbstschutz sein können. Ich mag ein wenig überempfindlich sein, aber auf meiner Erotikskala von 1 bis 10 liegt Tabakgeruch und -geschmack an weiblichen Mitmenschen etwa bei -50 und damit gleichauf mit Knoblauchausdünstungen und altem Körperschweiß.

Ich frage mich, ob ich in dieser Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung bin und ob sich die Raucher unter meinen Lesern nicht manchmal ein bisschen mehr Geruchs- und/oder Geschmackssinn**** wünschen.

Was meint ihr?
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*Ich möchte betonen, dass ich das Rauchen an sich doof finde, damit aber kein Urteil über alle Raucher dieser Welt fällen möchte.

**Das kann sich nach den Erfahrungen meines Freundes Jan auch wieder regenerieren. Ihm zufolge macht es einen erheblichen Unterschied, den er sehr bald nach seiner Zigarettenabstinenz bemerkt hat.

***Und ich möchte hier erst gar nicht auf die durch Zigarettenqualm verursachte Beeinträchtigungen der Geruchs- und Geschmackserlebnissen von Nichtrauchern eingehen. Nun, vielleicht doch.

****Geschmack haben sie sicher, sonst wären sie nicht hier. Hehe.

Oh, wie schön ist Cordoba!

Oh, wie schön ist Cordoba!

Ja, es ist schon so eine Sache mit den Piefkes und den Zwockeln*. Man neckt sich traditionell und ist sich ungern öffentlich einig, vor allem, was die gemeinsame Vergangenheit und Kultur betrifft.

Das österreichische Kabarettistenduo Stermann & Grissemann nimmt gerade die Vergangenheit mit einer gehörigen Prise schwarzem Humor und ist dabei so schön unbequem, dass sie nach dem Regierungsantritt der FPÖ (damals noch unter Jörg Haider) ein Jahr lang Wirkungsverbot im ORF erteilt bekamen.

Mindestens meine Leser aus dem Bergdeutschen werden die zwei kennen, und alle anderen sollten mal gesehen (und vor allem gehört) haben, was die Herren so unters Volk bringen.

Das unten gezeigte Schmankerl ist ein Kommentar zum Fußballweltmeisterschaftsspiel Deutschland gegen Österreich 1978 in Cordoba, das Österreich mit 3:2 gewann. Viel Spaß damit, und ein dickes Dankeschön an meinen alten Freund Andy für den Tipp.


“Eine Mannschaft, 22 Spieler…”
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* “Zwockel” in der Mainzer Bedeutung, versteht sich.

Beim ersten Mal tat’s noch weh

Beim ersten Mal tat’s noch weh

Heissa, Pfingsten!

Heissa, drei Tage hintereinander frei!

Heissa, Feiertagskraftstoffpreise!

Am Wochenende habe ich tatsächlich das erste Mal die “100-Euro-für-eine-Tankfüllung”-Schallgrenze überschritten. Jetzt weiß ich auch wieder, warum ich werktäglich meiner Raketenwissenschaftlertätigkeit nachgehe.


Autsch. Das hätte ich lieber anderweitig vertankt.

Pfingstrosen in Form von Stilblüten treiben jüngst übrigens in Polen. Dort wird doch wirklich untersucht, ob Teletubbies aufgrund ihres homoerotischen Auftretens eine Gefahr für die arglosen polnischen Fernsehzuschauer der vermeintlichen Zielgruppe sind. Das erinnert mich ein wenig an das, was mein arbeitgebendes Raketenlabor derzeit veranstaltet.


Schwul oder nicht schwul? Ohne erkennbares Geschlecht schwer zu sagen. Eigentlich.*

Da scheint es mir doch, dass es Polen mittlerweile ziemlich gut geht, wenn man dort solche Angelegenheiten zu Problemen macht. Gleichzeitig demonstriert Polen damit einmal mehr seine derzeit sehr traditionsorientierte Ausrichtung.**

[Nachtrag] Zu Polens Verteidungs muss angeführt werden, dass die Kinderbeauftragte der Regierung nun attestiert, Tinky Winky würde keine unangemessene sexuelle Einstellung propagieren. Zudem war die Untersuchung an sich offenbar landesweit auf Hohn und Spott getroffen.

Da bin ich ja mal beruhigt. [/Nachtrag]
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*Die Antenne auf dem Kopf finde ich viel bedenklicher, da ihre Form auch das stilisierte, umgekehrte Symbol der Illuminaten darstellen könnte.

**Man könnte alternativ behaupten, dass sich Polen mit dieser Aktion in Sachen Intoleranz in Europa einen der vorderen Plätze sichert. Gut, dass das bestimmt nicht für alle gilt. Auf jeden Fall nicht für den homosexuellen Teil der polnischen Bevölkerung.

Viel Rauch um nichts

Viel Rauch um nichts

Die Europäische Union schreibt’s vor. In meinen Augen eine gute Entscheidung, die sich positiv abhebt von der restlichen administrativen Gängelung, die gelegentlich aus Brüssel kommt.

Nichtraucherschutz in der Öffentlichkeit.

In vielen europäischen Ländern ist es bereits Gesetz, und die Bundesregierung hatte sich nach Ermahnung durch die EU dazu entschlossen, ein wenig Tätigkeit vorzutäuschen. In allen öffentlichen Gebäuden sollte nicht mehr geraucht werden dürfen, ebenso in Speisegaststätten und Restaurants. Erster Kompromiss: Bars und Kneipen sollte ein Verbot freigestellt werden. Trotzdem dachte ich zunächst: Halleluja, ein erster Schritt ist getan. Endlich Essen gehen können, ohne dabei gezwungen zu werden, den Qualm anderer ertragen. Und welch ein Segen für die armen Schweine, die in dem Dunst auch noch täglich arbeiten müssen und nunmehr ohne “Raucherzonen” leben dürften, eine Einschränkung, die genau so sinnbefreit ist wie eine pinkelfreie Zone in einem Schwimmbecken.

Und dann das.

Ein Rückzug. Geschickt den Ländern den Schwarzen Peter zugeschoben, vor den netten Herren der Tabaklobby den Schwanz eingezogen, die Einnahmen aus der Tabaksteuer zunächst gerettet, aber hoch offiziell wenigstens etwas unternommen.

Das finde ich gelinde gesagt zum Kotzen.

Ironischerweise sind gegen die ultragefährlichen Killerspiele in Windeseile Gesetzesvorschläge auf dem Tisch. Sand in die Augen des Volkes, Opium in seine Köpfe. Den Killerspielern fehlt die Lobby. Auch wenn ich mich wiederhole: Hunderte von Studien beweisen den langfristig schädlichen Effekt von Zigarettenrauch. Keine einzige Langzeitstudie beweist auch nur eine mittelfristig negative Wirkung von Videospielen.


Was man nicht so alles einatmen muss: Als Raucher stets freiwillig, als Nichtraucher nicht immer.

Was bleibt Otto-Normal-Nichtraucher in solchen Fällen? Nichts, außer für eine verbesserte Wahrnehmung der Gesundheits- und Lebensqualitätsschädigung zu kämpfen, die durch öffentlichen Tabakkonsum entsteht. Wichtig ist, dabei keine Gräben zu schaffen, schließlich sind Raucher keine schlechteren Menschen als Nichtraucher.

Über allem steht stets die Frage nach der Toleranz und dem Grund, warum sich die Nichtraucher nicht schon viel früher so massiv gewehrt haben, wie das heute der Fall ist. Ein liberaler Grundsatz besagt, dass die eigene Freiheit dort enden muss, wo sie die Freiheit anderer einschränkt. Ein weiterer logischer Gedanke ist, dass Rücksicht von demjenigen ausgehen sollte, der für Schädigung oder Belästigung in irgendeiner Form sorgt.

Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass mir mit steigendem Alter Tabakrauch immer mehr auf die Nerven geht. Er nimmt mir die Luft zum Atmen, beißt in den Augen, bleibt an Körper und Kleidung hängen. Der Geruch ist mir zuwider und löst bei mir immer häufiger Aggression aus, obwohl ich ein gleichmütiger Mensch bin, oder das wenigstens glaube.*

Dass die Raucher selbst sich schädigen, in noch größerem Maße mit dem Geruch kontaminiert sind und dafür eine Menge Kohle ausgeben, zunächst ihre eigene, später auch die der Krankenkassen, ist mir einigermaßen gleich und geht mich nichts an. Ob es an zu wenigen Aschenbechern liegt, dass an vielen öffentlichen Orten, gerade Bahnhöfen, so viele Kippenstummel herumliegen, oder an der schlechten Erziehung einiger Raucher, sei dahingestellt.

Einige Menschen rauchen aus Genuss, andere aus Sucht. Gerade letztere hätten vom deutschen Staat ein wenig mehr Schutz als den aktuellen verdient. Traurig, aber wahr: Der Bund verdient Geld mit der Sucht des Volkes, um es den Krankenkassen zur Behandlung der Folgen wieder zuzschießen. Wenn etwas krank ist, dann das. Was spricht dagegen, daran etwas zu ändern? Alte, verkrustete Strukturen, gerne zu Kultur und Tradition verklärt? Das Geld der Lobbyisten, das unseren Politikern den harten Politikeralltag versüßt und Parteien den Wahlkampf finanziert? Einfache Fragen ohne Antworten.

Zudem gibt es Opfer, die sich gegen Rauch überhaupt nicht wehren können: Kinder. Ein Gesetz, das es Eltern verbietet, in Gegenwart ihrer Kinder zu rauchen, war bereits im Gespräch. Tolle Idee. Und wer bezahlt den Polizisten, der bei der Familie wohnt und das überwacht? Kreative Aufklärung ist hier gefragt, keine blinde Gesetzeswut ohne Realitätsbezug. Ich selbst kenne eine Sechsjährige, die von ihren Eltern tagtäglich zugequalmt wird. Sie ist nicht nur kleiner als die Kinder in ihrem Alter, sie hustet auch seit Jahren regelmäßig mit einer Inbrunst, die auf eine offene Lungen-TB schließen ließe. Einsicht bei den Eltern? Fehlanzeige.

Also, liebe Raucher und Nichtraucher, redet miteinander, sorgt für gegenseitiges Verständnis. Und bedenkt, liebe Raucher: Ihr fügt den anderen tatsächlichen Schaden zu, während die Nichtraucher euch nur vorübergehend nerven. Und gönnt euren Kindern eine rauchfreie Atmosphäre, bis sie alt genug sind, selbst zu wählen. Ihr schreit ihnen ja auch nicht ständig ins Ohr.

Hoffentlich.

Amen.

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*Einfaches Beispiel zu gesellschaftlicher Akzeptanz und Toleranz: Es macht mir Spaß, laut zu schreien, egal wann und wo. Ich gehe in eine Bar, schreie laut, schreie jedem ins Ohr, und finde es toll. Mein Aufenthalt in der Bar wird von kurzer Dauer sein, weil ich ziemlich vielen Leuten auf die Eier gehen werde, und das zu Recht. Keiner wird mir einen Tee bringen, wenn ich heiser bin.

Gehe ich aber in die Bar, ziehe mir ein halbes Päckchen Zigaretten rein, dessen Gift alle Anwesenden einfach ungefragt mitatmen und den Gestank ertragen müssen, wird mich keiner rauswerfen. Im Gegenteil, man wird meinen Aschenbecher leeren, wenn er voll ist, und mich fragen, ob ich noch einen Wunsch habe.

Und so leid es mir tut, das Argument, ich könne woanders hingehen, wenn ich den Rauch nicht ertrage, zieht nicht. Kann ich beim Mexikaner essen, ohne zu rauchen? Ja. Kann ich rauchen, ohne beim Mexikaner zu essen? Ja. Kann ich beim Mexikaner essen, ohne mitzurauchen, wenn geraucht wird? Nein.

In jedem Falle guten Appetit

In jedem Falle guten Appetit

Der Herr Grob hat geschrieben, er esse alles auf, was er nicht verstehe oder ihn verwirre, was sowohl für die ein oder andere Bedienungsanleitung und wahrscheinlich auch für seine Füße gilt.
Die Idee, das einfach aufzuessen, was man nicht versteht, fand ich so genial, dass ich dazu eine eigene Geschichte schreiben musste schreiben wollte nur zu gerne verfasst hätte.

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Als ich den Krieg aufaß

Neulich war ich in einem Restaurant, das Essen aus aller Welt versprach.

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So hätte es beginnen sollen. Aber schon bald wurde mir klar, dass die Geschichte nicht funktionieren würde. Schließlich kann man nicht einfach in ein Restaurant gehen, schon gar nicht in eines, das ein “Globales Unverständnis – All You Can Eat” – Büfett anbietet. Dann dort hinzugehen, den Nahostkonflikt als Vorspeise, das neu begonnene Atomwettrüsten als Hauptgang mit dem militärisch-industriellen Komplex als Beilage und zum Schluss religiösen Fanatismus als Nachtisch zu verlangen, hätte vermutlich albern ausgesehen.

Außerdem hätte ich dann nicht gewusst, wie die anderen dazu passenden Gedanken* in diese Geschichte hätte einbinden sollen. Das führte letztlich dazu, dass ich eine Geschichte schrieb, die ich niemals schrieb.

Oder so.

Wer jetzt verwirrt ist, hat im übrigen das Recht, diese Nicht-Geschichte auszudrucken und aufzuessen. Alternativ darf sogleich der Monitor verspeist werden.

Ich wünsche in jedem Falle guten Appetit.

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*In Mitteleuropa haben wir uns über viele Jahrhunderte immer wieder die Köpfe eingehauen und so wundervoll martialische Begriffe wie “Erzfeind” erfunden, um denen von uns, die den jeweils anderen die Köpfe einhauen mussten, einzureden, dass sie ihrem Vaterland (ein ebenfalls sehr geschundener Begriff) damit etwas Gutes tun.

Der “Erzfeind” hingegen war meistens nur ein armer Schlucker, der ähnlich motiviert auf der gegenüberliegenden Seite des Schlachtfeldes stand. Die Erkenntnis, dass der Erzfeind oft gar kein vielköpfiges, jungfrauenverspeisendes Monster war und eine gewisse Ähnlichkeit mit einem selbst besaß, kam meistens zu spät. Denn die einzigen Unterschiede zwischen Hauendem und Gehauenem waren meistens nur Muttersprache und Geburtsort.

Solche Erkenntnisse sind schlecht für die Kampfmoral, deswegen wurden sie entweder unterdrückt oder hochgespielt, je nachdem, was gerade ins Konzept passte. Da sich das global bewährt hat, verhalten sich die Kriegstreiber auf der ganzen Welt noch heute so.