Es wird Zeit, dass ich mich einmal wieder zu Wort melde.
Die WM naht, und wer das noch nicht dank Werbeüberflutung gemerkt hat, muss tot sein oder sich seit Monaten in einen Atombunker zurückgezogen haben.
“Die Welt zu Gast bei Freunden”, so heißt es. Freundlich, nur mit leichtem Anklang von Pathos und irgendwie leicht aufdringlich. Ihr alle, die ihr uns Deutsche (zu Recht oder nicht) nicht mögt: Seid unsere Freunde. Bitte. Naja.
Oft genug höre ich im Radio oder sehe im Fernsehen (auch in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und nicht nur im Unterschichten-TV) Stimmungsmache gegen unsere friedlichen, sympathischen Nachbarn* aus Holland.
Mit den plumpsten Vorurteilen wird künstlich eine vermeintliche, fußballfiebergeschwängerte Feindschaft gepflegt und erneuert. Und das im Land der Dichter und Denker, für die wir uns immer noch so gerne rühmen. Wenigstens diejenigen unter uns, die einige zumindest noch beim Namen nennen können. Man mag argumentieren, dass der durchschnittliche Hooligan weder ganz dicht noch zum Denken befähigt ist und der Vergleich deshalb hinkt, aber soll dieses sportliche Riesenevent nicht gesellschaftsschichtenübergreifend begeistern? Welches Bild wollen wir von uns denn abgeben? Holländer-Voodoo-Puppen, Holländer-Witze… Was zur Hölle soll das? “Die Welt zu Gast bei Erbfeinden”?
Eine Fußball-Rivalität mag es schon immer gegeben haben, aber die kann man – gerade in den Medien – auch differenzierter und sportlicher darstellen, als es derzeit der Fall ist.
Ja, Ruud Gullit hat einst die arme Tante Käthe angespuckt. Pfui. Ein paar mal hat Holland gegen Deutschland gewonnen, ein paar mal war es umgekehrt.
Aber als Gastgeber hat man wahrlich Besseres zu tun, als auf seinen Gästen herumzuhacken. Zumal auch nicht wenige Deutsche gerne in Holland Urlaub machen. Vermutlich täten sie das nicht, wenn die Holländer schlechte Gastgeber wären.
Und immer daran denken: Eine Spuckattacke sollte man nach 16 Jahren verarbeitet haben. Das, was die Deutschen 1940 mit Rotterdam anstellten, wohlbemerkt nach der Kapitulation der Stadt, ist zwar länger her, aber offenbar von holländischer Seite weit großherziger vergeben und von deutscher Seite besser verdrängt worden. Von der Verhältnismäßigkeit mag ich gar nicht erst sprechen.
Also, ob ihr Fußball nun mögt oder nicht, feiert diese Weltmeisterschaft, wie es euch gefällt, und zeigt allen, dass wir gute Gastgeber sein können. Auch für die Holländer.
* Für den Klapsenschaffner: Dein Holländer mag tatsächlich die Ausgeburt der Bösen sein, aber den haben seine Landsleute offensichtlich nicht behalten wollen und darum nach Deutschland geschickt, um ein Brillengeschäft zu eröffnen.