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Tag: Krieg

Der Wahrheit ins Gesicht

Der Wahrheit ins Gesicht

Ich bin in letzter Zeit ziemlich unpolitisch geworden. Das ist auch o.k., schließlich ist dies hier ein erklärtermaßen unpolitischer Blog.

Es gibt viele vergessene Kriege auf dieser Welt. Weil es keine Einschaltquoten bringt, immer wieder über das Gleiche zu berichten, geraten sie in Vergessenheit – und bleiben es zumeist. Traurig, aber wahr: Die Medien sind ein großer Teil unseres Bewusstseins, Wissens und Gewissens geworden. Oder wenigstens besitzen sie immensen Einfluss darauf. (Stelle dir vor, es ist Krieg und der Fernseher geht kaputt.)

Derzeit ist ein Konflikt wieder in den Vordergrund gerückt, der schon lange existiert und Menschenleben fordert. Um das aktuelle Geschehen halbwegs zu verstehen, muss man die Geschichte kennen. Die momentane Eskalation jedoch lässt mich einmal mehr am menschlichen Verstand zweifeln.

(c) DPA

Wie in aller Welt können Menschen glauben, dass sie sich Sicherheit verschaffen können, indem sie in einen souveränen Staat einmarschieren, dessen Infrastruktur zerstören und Zivilbevölkerung töten? Wer glaubt ernsthaft, mit einer Armee eine verdeckt operierende terroristische Organisation zerschlagen zu können? Werde ich denjenigen, der den Terroristen in meinem Nachbarhaus erschießt, lieben oder hassen, wenn er gleichzeitig auch meine Kinder ermordet?

Der Krieg Israels gegen den Libanon und die Palästinenser im Süden wird im Moment zur Genüge diskutiert, ich muss das nicht auch noch tun. Deswegen stelle ich nur diese von der Komplexität des weltpolitischen Geschehens entrückten Fragen.

Nicht, dass ich ernsthaft Antworten erwarte. Nicht von denen, die es ändern könnten.

“Töte einen, und du bist ein Mörder. Töte hundert, und du bist ein Psychopath. Töte tausend, und du bist ein Held!”

"Whoooosh…" und was wir von Herrn Eisenhower lernen können

"Whoooosh…" und was wir von Herrn Eisenhower lernen können

“- What was that?

– That was your life, mate.

– Whoa. That was quick. Do I get another?

– Sorry mate, that’s your lot.”

[John Cleese als Basil Fawlty in Falty Towers, 1975]

Offenbar war auch schon vor mehr als dreißig Jahren das Leben irgendwie schnell. Meines läuft derzeit auch so schnell, dass ich mal wieder keine Zeit für einen High Quality Post habe. Blöd.

Aber es muss trotz allen Zeitmangels vermerkt werden, dass der Herr Rumsfeld, der ja bekannterweise für den George W. den Krieg macht, endlich eine neue Begründung für den Irakkrieg gefunden hat. Jawoll, der Irakkrieg, sagt der Herr Rumsfeld, sei gut, um den Iran im Zaum zu halten. Deswegen sei auch der Afghanistankrieg gut. Weil der auch den Iran im Zaum hält.

Unglaublich, welche militärischen Schachzüge ein guter Politiker vorhersehen kann. Der ganze Krieg gegen den Terror, der zufällig der amerikanischen Industrie, selbst bestens in der amerikanischen Regierung vertreten, den Zugang zum irakischen Öl sichert. Die afghanischen Pipelines nicht zu vergessen. Natürlich leistet die Rüstungsabteilung der US-Industrie patriotisch ihren Beitrag zum Kampf gegen Terror und für die Freiheit, indem sie fleißig das Kriegsmaterial liefert. Das kann sie leider nicht gratis tun, aber dafür zahlen die Amerikaner ja auch patriotisch Steuern. Und George W.s Freunde sorgen dafür, dass sich am Sozialsystem nichts ändert und so weiter vielen US-Bürgern die Armee als einzige Berufsperspektive bleibt.

[Exkurs: Der Herr Eisenhower, der auch mal Präsident der USA war, hat das Spiel schon 1961 durchschaut und es den “militärisch-industriellen Komplex” genannt. Kassandra gleich ward er gehört, aber nicht beachtet. Und Kassandra gleich trat das ein, wovor er warnte.]

Und jetzt sitzt man günstigerweise so, dass man dem durchgedrehten iranischen Präsidenten Standpauken halten und so weiterhin Frieden und Freiheit im Nahen Osten sichern kann. Die Freiheit des iranischen Volkes bedeutet eben auch die Freiheit des Ölflusses an die durstige westliche Industrie.

Der Herr Ahmadinejad, seines Zeichens Präsident des Iran, hat nun ein ganz anderes Verständnis von Freiheit und Patriotismus. Freiheit ist dann, wenn alle Atomkraftwerke bauen dürfen, die es können, und nicht nur ein paar, die es dann allen anderen verbieten. Denn Verbot hat nichts mit Freiheit zu tun. Und weil der George W. ihm deswegen sofort doof kommt, sagt er, dass er dann lieber gleich noch die Atombombe baut. Denn Indien hat sich auch nicht daran gehalten, und ist erst neulich zu einem wichtigen Partner von George W. aufgestiegen. Und der Kalte Krieg hatte bereits gezeigt, dass die USA nicht einfach angreifen, wenn man auch Atombomben werfen kann. Weil jeder gesehen hat, was Atombomben so anrichten können. Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.

Außerdem weiß der Herr Ahmadinejad, dass die USA zwar viel drohen können, aber im Irak und Afghanistan noch alle Hände voll zu tun haben. Mit der öffentlichen Ordnung und der Demokratie, die viele dort noch nicht so richtig verstehen. Letzteres liegt vielleicht daran, dass es ihnen keiner ordentlich erklären kann. Diktatur war also, wenn ein paar wenige Reiche regieren und man sie nur mit Waffengewalt von der Spitze des Landes entfernen kann. Und Demokratie ist, wenn ein paar wenige Reiche das Land regieren und die Waffengewalt haben und alle in regelmäßigen Abständen Stimmzettel abgeben dürfen. Das heißt, wenn sie nicht schwarz sind. Kein Wunder, dass das keiner versteht.

Jedenfalls hat der Herr Ahmadinejad, um der Welt und George W. zu zeigen, dass es auch in seinem Land Freiheit gibt, jetzt den iranischen Frauen wieder erlaubt, ins Fußballstadion zu gehen. Und er hat gesagt, dass die Polizisten nicht mehr so fest zuhauen sollen, falls mal ein Kopftuch schiefsitzt oder ein Stück Haut zu sehen ist.

Wenn das mal keine Freiheit ist.

Und weil der Herr Ahmadinejad diese Freiheit in Gefahr sieht, wenn alle seine Nachbarn sich in der Augsburger Puppenkiste unter Leitung Washingtons einfinden müssen, bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als patriotisch den Durchbruch in der Nukleartechnologie zu verkünden. Russland kann das nur unterstützen, denn schließlich bauen die Freunde vom Herrn Putin ja die iranischen Atomkraftwerke. Und weil George W. weiterhin im Irak bleiben muss, findet es der Herr Ahmadinejad auch gut, wenn jemand im Irak sich mit vielen anderen in die Luft sprengt. Sagt jedenfalls die Frau Rice. Und die muss es ja wissen. Ob Allah, für den das aus Sicht des Attentäters getan wird, auch gut findet, habe ich bisher nicht herausfinden können.

Eigentlich ist das alles gar nicht lustig. Und einmal mehr fühle ich mich wie ein Statist auf dieser Weltbühne. Einer, der erst angeheuert und dann vergessen wurde.

Und ich beneide alle meine Freunde und Bekannte, die sagen, dass Politik sie überhaupt nicht interessiert. Und für meine politisch uninteressierten Freunde ist dieser unpolitische Blog ja auch gedacht.

Aber es scheint mir, dass man die Augen nicht mehr verschließen kann, wenn man sie erst geöffnet hat. Also, Augen auf und durch!

Untote Weisheiten

Untote Weisheiten

Dieses ist, wie schon zuvor bemerkt, ein unpolitischer Blog. Politik ist ja auch irgendwie anstrengend, und in diesen hektischen Zeiten braucht das nun einmal kein Mensch.

Nun stolperte ich neulich beim Stöbern in der Wikipedia auf ein Zitat, das mich bis heute nicht losgelassen hat. Weil es zum Zeitpunkt seiner Äußerung die gleiche Gültigkeit hatte wie heute. Und wahrscheinlich gilt es schon, seit die ersten Menschenaffen Stammesgemeinschaften bildeten und sich so etwas wie Zivilisation bildete.

Dies ist das Zitat:

“Natürlich, das einfache Volk will keinen Krieg […] Aber schließlich sind es die Führer eines Landes, die die Politik bestimmen, und es ist immer leicht, das Volk zum Mitmachen zu bringen, ob es sich nun um eine Demokratie, eine faschistische Diktatur, um ein Parlament oder eine kommunistische Diktatur handelt. […] das Volk kann mit oder ohne Stimmrecht immer dazu gebracht werden, den Befehlen der Führer zu folgen. Das ist ganz einfach. Man braucht nichts zu tun, als dem Volk zu sagen, es würde angegriffen, und den Pazifisten ihren Mangel an Patriotismus vorzuwerfen und zu behaupten, sie brächten das Land in Gefahr. Diese Methode funktioniert in jedem Land.” – In einem Interview mit Gustave Gilbert in seiner Gefängniszelle am 18. April 1946

Diese für den von Politikern geführten Menschen ernüchternde bis erschreckende Weisheit stammt von keinem anderen als Hermann Göring, geäußert während der Nürnberger Prozesse. Nicht nur, dass seine Aussage in jedem Land Gültigkeit zu besitzen scheint, sondern eben leider auch zu jeder Zeit.

[Exkurs: Hermann Göring war als Reichsfeldmarschall und Oberbefehlshaber der Luftwaffe ranghöchster Vertreter des Dritten Reichs bei den Nürnberger Prozessen 1946. Er entging seiner Verurteilung durch Selbstmord. Wer darüber mehr wissen will, bediene sich an den Links zu den sehr informativen Quellen in der Wikipedia. Wärmstens empfohlen vom Chefkoch.]

Nürnberger Prozesse
Das Wissen um diesen “Kniff” wird entweder schon lange in Regierungskreisen weitergegeben, oder es reift unwillkürlich. Wie sonst ließe sich erklären, dass George W. und Anhang mit genau dieser Methode den Angriff gegen den Irak einleiten konnten? Sogar Tony Blair hat das mit den Briten geschafft, um weiterhin Mitglied im US-amerikanischen Rohstoffsicherungsverein bleiben zu können. Und Deutschland verteidigt in Afghanistan nationale Interessen im “Kampf gegen den Terror”.

All das liefert der kriegstreibenden Gegenseite beste Argumente, das Volk für einen Kampf gegen den bösen Westen und seine Verbündeten aufzuhetzen. Und so entwickelt sich die Lüge vom Angriff zur traurigen Wahrheit.

Mich schüttelt es bei all dem. Und es behaupte noch einer, die Geschichte würde sich nicht wiederholen oder man könne nicht aus ihr lernen.