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Category: Scheibsters Shorties

ploing

ploing

– Was soll das denn, bitte?

– Was ist denn an “ploing” so komisch, hm?

– Du bist kein Wortbestätigungswort. Du bist aus ‘nem Comic.

– Pfff! Und wenn schon. Man wird sich ja wohl noch weiterentwickeln dürfen.

– Vom Printmedium ins Web. Na, immerhin. Aber Wortbestätigungswort ist doch kein Vollzeitjob, oder?

– Web 2.0, bitte, ja? Zwo-Punkt-Null. Und wenn schon, mein Schattendasein neben Sprechblasen war auch nicht so erfüllend. Hier mache ich Urlaubsvertretung für aakmuzs. aakmuzs ist nämlich irgendwie verschwunden, und da haben sie gesagt, ploing, haben sie gesagt, wir haben da eine neue Aufgabe für dich.

– Eine Aufgabe, die mit meinem Druck auf die Returntaste beendet sein wird.

– Echt?

– Kein Scherz.

– Na toll. Danke auch.

Wolle Hohlbrot: Der Maaahgier

Wolle Hohlbrot: Der Maaahgier

Es seien mehrere Dinge gesagt, bevor das hier losgeht. Zum einen finde ich Wolfgang Hohlbein wirklich gut, kann aber dank Terry Pratchett und Robert Rankin beim Verfassen eigener Geschichten nicht ernsthaft bleiben. ‘Wolle Hohlbrot’ klingt selten dämlich, und wahrscheinlich werde ich mein Pseudonym für diese Geschichten ändern (wenn denn noch welche folgen). Vielleicht auch nicht. ‘Wolle Hohlbrot’ ist aber auf keinen Fall ein Angriff auf Person oder Werk Wolfgang Hohlbeins.

Noch etwas: Bringt Zeit mit, es ist kein “Casual Reader”-Kurzpost. Es ist eine kleine Geschichte, die ich an dieser Stelle meinen DSA-Mitspielern widmen möchte.

********************

Es war ein dunkler Winterabend, als mich meine kältetauben Füße mit letzter Kraft in die Schänke des Dorfes trugen. Ich war auf Reisen, und Dörfer, die man abends erreicht, sehen alle gleich aus: Ein paar trübe Lichter scheinen durch schmutzverkrustete Fenster, ein dicker bärtiger Mann klaut den Pferden vor der Schänke die Rüben, und der Stadtbüttel übt sich auf seine angerostete Hellebarde gestützt in Nichtwahrnehmung seiner Umwelt*.

Ich schwor mir zitternd, nie wieder im Winter lange Fußmärsche auf mich zu nehmen und betrat die Schänke. Der Teil der Dorfbewohner, die es noch nicht nach Hause geschafft hatten, hing an der Theke und verteilte sich an zwei der drei dunklen, mittelschwer mit einer Mischung aus saurem Bier und Kartoffelsuppe verschmierten Holztische. Die Luft war zwar warm, von der Zusammensetzung jedoch ähnlich, mit einer leichten Prise Schweiß und einer gehörigen Portion Tabakrauch dazu.

Am dritten Tisch saß ein einzelner älterer Mann, mit einem bunten, runenverzierten Umhang und einem spitzen Hut. An der Wand hinter ihm lehnte ein mannshoher, verbogen wirkender Stab. Kein anderer Platz war frei, und da dieser Kerl hier genau so deplaziert wirkte wie ich, setzte ich mich ihm gegenüber. Ein zerrissen wirkender grauer Bart umrandete sein faltiges Gesicht, und sein leicht wirrer Blick musterte mich.

“Jungchen, was machst du denn hier? Egal. Schön, dass du mir Gesellschaft leistest. Ein seltenes Gut dieser Tage.” Der Alte hob sein Weinglas in Richtung des desinteressiert dreinblickenden Wirtes. “Hey, Schwachkopf! Noch eines für mich… Und eines für meinen jungen Freund hier.”

“Danke, das ist sehr freundlich”, sagte ich und versuchte Ordnung in die wirren Muster auf dem spitzen Hut des alten Mannes zu bringen. Als Kopfschmerzen drohten, hörte ich auf.

“Nun, eigentlich war das nicht sehr freundlich”, entgegnete der Alte. “Aber der Wirt ist einer von denen, denen in ihrem Leben noch viel Schlimmeres an der Kopf geworfen wurde. Bierkrüge zum Beispiel.” Ich nickte zustimmend, und freute mich über das zaghaft in meine Füße zurückkehrende Gefühl. Der Wein wurde gebracht, und die ersten Schlucke beschleunigten den Tauprozess weiter.

“So, Junge, jetzt aber raus mit der Sprache. Was in Dreiteufelsnamen machst du hier?” Der Alte nahm seinen Blick nicht von mir, als er eine Pfeife aus seinem Mantel zauberte, die einen ähnlich schiefen Eindruck mache wie der Stab hinter ihm.

“Ich bin… Schriftsteller. Ich reise, um Inspirationen zu sammeln”, antwortete ich wahrheitsgemäß. “Und was treibt Sie in diese Gegend, wenn ich fragen darf?” Der Alte lächelte, um dann mit leichtem Hüsteln die Pfeife anzuzünden.

“Ah, du bist also einer von diesen ‘Feder und Schwert’-Typen, hm? Ich bin ebenfalls auf Reisen. Sie nennen mich einen Maaahgier. Und bevor du fragst: Ja, ich kann zaubern.” Er versuchte einen einschüchternden Blick, was lediglich durch den nach vorne rutschenden Spitzhut verhindert wurde.

Magier. Ich hatte von ihnen gehört. Bisher hatte ich sie für Legenden gehalten, wie Drachen, Hexen oder Käsekuchen ohne Rosinen. Nun saß einer von ihnen vor mir. Angeblich.

“Heißt es nicht ‘Magier’, alter Mann?” fragte ich und bereute im nächsten Moment meine Worte. Hatte er die Wahrheit gesagt, so hatte mich meine große Klappe in echte Gefahr gebracht. Die Miene des Alten verfinsterte sich kurz.

“Jungchen, wenn ich ‘Maaahgier’ sage, dann meine ich das auch so. Kein Grund zum Klugscheißen. Und noch lange keiner, sich über meinen Sprachfehler lustig zu machen.” Der Alte nahm einen kräftigen Schluck Wein.

“Es… Es tut mir leid!” entgegnete ich. Verschiedene Teile meines Selbst stimmten gerade hektisch über einen Panikanfall ab.

“Zumal es ein Sprachfehler ist, der sich nur auf dieses eine verdammte Wort beschränkt. Eigentlich ein Segen, aber nicht, wenn man Maaahgier ist, so wie ich. Also keine Scherze, sonst brenne ich dir ein Loch in dein feines Hemd.” Der Alte deutete mit dem Zeigefinger auf mich, seufzte kurz und zog dann an seiner Pfeife. Mein Panikanfall wurde verschoben und wich leicht misstrauischer Entspannung.

“Mit einen Flammenstrahl aus Ihrem Finger?” fragte ich wieder etwas mutiger.

“Nein, Jungchen, mit der verdammten Kerze auf dem Tisch.” Der Alte täuschte mit der Hand eine Bewegung zur Kerze vor, die mich zusammenzucken ließ. Als er das sah, brach er in heiserer Gelächter aus. Ich zog eine Augenbraue hoch, lehnte mich zurück und trank den Rest meines Weines.

“Aber weißt du, ich kann mit meiner Pfeife ein Segelschiff herbeizaubern. Schau her…” Der Magier nahm einen Zug und nestelte an seiner Pfeife herum. Ich wartete gebannt auf die Darbietung, als mit einem mechanischen Klicken eine kleine angekokelte Stoffflagge aus dem Pfeifenkopf emporschoss, auf der ein Segelschiff aufgemalt war. Glühender Tabak verteilte sich auf dem Tisch, und der Magier klopfte sich fluchend Bart und Umhang ab.

“Das vergesse ich doch immer wieder. So ein Mist. Du siehst, auch Maaahgier werden älter, Junge!”

Ich trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. Magier hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt.

“Noch einen Wein für meinen Freund und mich, Schwachkopf!” rief der Alte in Richtung Theke. Der Wirt nickte und brachte kurze Zeit später zwei weitere Gläser an unseren Tisch.

“Der beste, den ich Euch bieten kann, Herr”, murmelte er und verschwand wieder in den Rauchschwaden. Ich war mir sicher, dass er hier gelegentlich lüften würde, wenn man die Fenster noch finden könnte.

“Ein Maaahgier weiß, wann er seine Kräfte besser schont, Jungchen. Ich weiß, was du von mir denkst. Vielleicht hast du sogar Recht.” Der Alte leerte sein Glas in einem Zug. “Wie heißt du eigentlich?”

“Ich nenne mich Scripio, werter Herr Magier. Wie nennt man euch?” entgegnete ich. Der Alte schien kurz zu überlegen, bevor er mir antwortete.

“‘Was zum…?’ und ‘Oh nein!’ höre ich ziemlich oft. Du aber kannst dir diesen Namen merken: Alfons von Stahl.” Der Blick des Magiers strahlte einen gewissen Triumph aus, den ich erst kurz später verstehen sollte.

“Das ist ja unglaublich, Jungchen! Sieh dir das an!” sagte er und zeigte hinter mich. Ich drehte mich um. Als ich nichts sah außer der in ihre angetrunkenen Gespräche vertieften Dorfbewohner, dämmerte es mir. Ich drehte mich wieder zurück, und der Alte war verschwunden.

“So, Zeit zum Kassieren”, hörte ich den Wirt neben mir sagen. “Macht zwei Dukaten und äh… zwölfzig.”

Großartig. Ich hatte mich von einem alten Mann an der Nase herumführen lassen und war mit einem Schlag meine Reisekasse losgeworden. Von draußen hörte ich ein heiseres Kichern, gefolgt von einem “Ach, verdammt!” Mein Blick fiel auf den Stab, der noch immer an der Wand lehnte. Der Wirt strich hastig meine Münzen zusammen, während ich aufstand und den Stab an mich nahm.

Dies würde nicht meine letzte Begegnung mit Alfons von Stahl gewesen sein.

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*Was angesichts der Umwelt ein mehr als verständliches Verhalten ist.

Ist hier nicht gegeben

Ist hier nicht gegeben

“Tut mir leid”, sagte der Beamte mit der Helmut Kohl-Gedenkbrille und dem Kranz aus Resthaar zu dem seinem Gegenüber und gab ihm ein Blatt Papier zurück. “Eine Gemeinnützigkeit ist hier nicht gegeben.”

Das ohnehin blasse Gesicht seines dünnen, rund fünfzig Jahre alten Gegenübers wurde aschfahl. Hans-Anton Kleinfeld spitzte die Lippen und drückte die Worte nervös zwischen den nikotingelben Schneidezähnen heraus.

“Das können Sie mir nicht antun! Ich habe einflussreiche Freunde im Gartenbauverein. Und Ihre Frau Waltraud singt doch immer mit den ‘Pfeifenden Bachstelzen’ auf dem Sommerfest.”

Der Beamte, durch sein Türschild eindeutig als Enno Mullmann-Liedlich zu erkennen und für das örtliche Vereinswesen zuständig, lehnte sich zurück. Sein Hemd spannte dabei etwas und musste schnell die Abwesenheit von Deo erkennen, als Herr Mullmann-Liedlich seine Brille zurecht schob und die Arme hinter dem Kopf verschränkte.

“Und was, Herr Kleinfeld, soll an ihrem Verein ‘Feinde des Dsungarischen Zwerghamsters’ gemeinnützig sein?”

Das aschfahle Gesicht des Antragstellers wechselte schlagartig die Farbe, und zwar auf ampelrot und erinnerte dabei ein wenig an drei Tage alte Pommes rot-weiß.

“Das habe ich in meinem Schreiben ausreichend dargelegt. Die Biester essen meine Zwiebeln, das Sofa meines Schwagers und Herrn Bitterwegs Gartenlaube. Jemand muss sie aufhalten!”

“Sicher, sonst übernehmen sie die Weltherrschaft. Gut, dass sich jemand wie Sie darum kümmert, Herr Kleinfeld.” Der kranzhaarige Beamte befeuchtete mit Sorgfalt einen historisch anmutenden Stempel und nahm Kleinfeld das Papier wieder aus der Hand. Dann ließ mit dem Donnern all seiner Amtsgewalt den Stempel darauf herniederfahren. Kleinfeld nahm mit großen Augen und zittrigen Fingern den Antrag entgegen.

“Abgelehnt? Herr Mullmann-Liedlich, Sie haben… abgelehnt?” Ungläubig starrte Kleinfeld auf das vernichtende Urteil auf seinem mit so viel Leidenschaft verfassten Schreiben.

“Hm”, brummelte Mullmann-Liedlich, zuckte mit den Schultern und starrte sehnsüchtig auf seine Brotdose und dann auf die Uhr. “Ist schon zwölf, Herr Kleinfeld. Wir machen jetzt Mittag.”
“Geben Sie mir noch eine Chance”, zischte Kleinfeld, zauberte aus seinem karierten Jackett ein weiteres Schreiben hervor und legte es dem Beamten auf den Schreibtisch. Widerwillig nahm Mullmann-Liedlich das Formular entgegen und überflog es.

“Kleinfeld, das ist der gleiche Text wie bei dem ersten Antrag. Was soll das?” Der Beamte blickte den Möchtegern-Vorsitzenden der ‘Feinde des Dsungarischen Zwerghamsters e.V.’ durch die verschmierte Brille mit einer Mischung aus amtlicher Arroganz und Langeweile an.

“Schauen Sie, es ist nicht alles gleich!” Zittrige, gelbe Finger deuteten auf einige Stellen im Schreiben. “Es heißt nun: ‘Verein für medizinisch notwendige und äußerst nützliche Experimente an Dsungarischen Zwerghamstern e.V.’ Das ist der Unterschied.”

“Ich mache jetzt Mittagspause, Kleinfeld”, sagte der Beamte und nahm einen zweiten Stempel zur Hand. “Unter diesen Umständen: Genehmigt.” Ein weiteres Donnern besiegelte den Akt. “Macht dann fünfzig Euro neunzig.”

“Grüßen Sie Ihre Frau recht herzlich von mir, Enno.” Alle drei Schritte einen kleinen Sprung machend, das gestempelte Formular in der Hand und fünfzig Euro neunzig ärmer verließ Kleinfeld die Amtsstube, um sich seiner neu gefundenen Lebensaufgabe zu widmen.

aakmuzs

aakmuzs

– ‘aakmuzs’? Was soll das denn sein?

– Ich bin ein Wortbestätigungswort.

– Und was kannst du so?

– Ich kann Spammer fernhalten, aber keine Idioten. Ich kann nur von Menschenaugen gelesen werden und bin sehr unwahrscheinlich.

– Wie unwahrscheinlich?

– Ich bin Wortbestätigungswort, kein Mathematiklehrer. Und ich bin rot.

– Und irgendwie poetisch. ‘aakmuzs’. Fast so schön wie ‘cellar door’.

– Das ist nett von dir. Wenn du jetzt auf Return drückst, bin ich für immer verschwunden. Meine Existenz wird beendet sein, mein Zweck erfüllt. Ich würde weinen, aber ich habe leider keine Tränendrüsen.

– Dann schreibe ich etwas über dich, und es wird Menschen geben, die von dir lesen.

– Echt?

– Kein Scherz.

Kidnapping Eugen (Totti Special)

Kidnapping Eugen (Totti Special)

Aristoteles saß auf der Steinbank und sinnierte, als Rakel von Elfis Imbissbude zurückkehrte.

“Mensch, Totti”, sagte Rakel zum größten Philosophen aller Zeiten.* “Worüber denkst du jetzt schon wieder nach?”

Rakel setzte sich, reichte Aristoteles eine Flasche Bier und machte sich schmatzend über die soeben besorgte Currywurst her.

“Über Eidos, mein lieber Rakel.” Aristoteles nahm einen Schluck Bier und beobachtete, wie sich die Sonnenstrahlen im Glas brachen.

“Ah, das, ja”, sagte Rakel und gönnte sich ebenfalls einen Schluck. “Ich habe Damokles bei Elfi getroffen. War da, um Bier zu holen. Mann, der hat ganz schön nach Ouzo gestunken. Aber ein schönes neues Schwert hat er.”

“Und es schwebt immer noch über seinem Nacken?” fragte Aristoteles und blinzelte.

“Ja”, erwiderte Rakel. “Erinnerst du dich? Ich hatte vorhergesagt, dass Elfi heute mittag Lamm und Schildkröte aus dem Eisentopf als Tagesempfehlung haben würde.”

“Ja”, sagte Aristoteles, ohne seinen Blick von der Bierflasche abzuwenden.

“Totti, rate, was sie angeboten hat.” Rakel rutschte unruhig auf der Steinbank hin und her.

“Currywurst, wie immer?” riet Aristoteles, und Totti sprang von der Bank auf.

“Ja! Richtig! Aber ich habe ihr die Sache mit dem Lamm und der Schildkröte vorgeschlagen, und sie sagte, sie würde darüber nachdenken!” Rakel stützte triumphierend seine Hände auf die Hüften. “Eine selbsterfüllende Prophezeihung, Totti! Ich werde noch ganz groß herauskommen!”

“Selbsterfüllt, mein lieber Rakel”, sagte Aristoteles leicht geistesabewesend. “Und auch ich bin mir sicher, dass dein Name einst in aller Munde sein wird: Das Rakel von Elfi.”

“Der. Der Rakel.” Rakel setzte sich und verschränkte die Arme vor der Brust. “Und morgen laden wir uns bei Krösus zum Mittagessen ein!”

“Ach, Rakel”, seufzte Aristoteles.

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*Hätte er das mal zu jener Zeit bereits gewusst.