Domus Dulcis Domus

Domus Dulcis Domus

Vorgestern abends das erste Mal in meinem Leben Kontakt mit Mezcal gehabt. Ausgang der Begegnung etwa 5:0 für den Mezcal*. Die dazugehörige Party war in der alten Heimat, deswegen bei den Eltern übernachtet.

Gegen 12:30 am nächsten Tag überprüft Mama Scheibster die Lebenssignale ihres Sohnes und muss sich mit einem mehrfach wiederholten “Das habe ich dir aber nicht beigebracht!” über die im ehemaligen Jugendzimmer verstreuten Kleidungsstücke des Vorabends echauffieren. Ich für meinen Teil bin froh und nicht ganz ohne Stolz, angesichts des Vorabendverlaufes nicht ebenfalls oder wenigstens in Mageninhaltsteilen auf dem Boden verstreut zu sein, sondern es bar Garderobe ins Bett geschafft zu haben. Leider lässt angesichts des Mezcal-induzierten, von einem anderen Stern stammenden Katers die Artikulationsfähigkeit schwer zu wünschen übrig.

Nach der Dusche erinnere ich mich daran, dass ich ja mein mitgebrachtes Handtuch trocken wieder mit nach Hause nehmen und eines aus dem elterlichen Haushalt zur Verfügung gestellt bekommen sollte. Das Stück Stoff, das ich als Duschhandtuch vorfinde, trägt ein Herstellerfähnchen des VEB Cottana, ist in der Tat ein zwei Jahrzehnte altes DDR-Relikt und hatte auch schon in seinen besten Tagen die unterirdische Trockenqualität eines frisch gefangenen Blauwals.** Mangels Drang, mich mehr als nötig zu bewegen, nehme ich die zusätzlichen fünf Minuten Trockenzeit in Kauf.


Real existierender Sozialismus und dieses Handtuch haben eines gemeinsam: Sie funktionieren nicht.

Zum Abschied werde ich ermahnt, doch noch ein Bonbon zu essen, falls ich von der Polizei angehalten würde. Die Ausdünstungen des Mezcal (Mezcal gegen Scheibster jetzt 6:0) sind offenbar dazu imstande, noch in zwei Meter Entfernung einen ausgewachsenen Büffel zu betäuben.

Auf dem Heimweg begegnen mir dann glücklicherweise weder ausgewachsene Büffel noch Polizei, doch eines ist mir klar: Nüchtern bleiben und nach Hause fahren haben einen gewissen Charme gewonnen.

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*Spätestens nachdem mich die Bierzeltbank ausgetrickst und mich der Schwerkraft übergeben hatte.

**Ganz richtig: Jedes andere Handtuch wäre besser gewesen.

6 thoughts on “Domus Dulcis Domus

  1. VEB Cottana, werter Herr Scheibster, das klingt schon so kuschelig.

    Herzlich
    Ihr Erdge Schoss

  2. Werter Herr Schoss,

    es klingt in der Tat kuschelig-nostalgisch. Aber wie gesagt, die Qualität ist so, dass man ins Essen walterulbricht.

    Den Faust zum Gruß,
    Ihr Scheibster

  3. Mittlerweile gibt es die Dinger wieder teuer zu kaufen, nennen sich Mikrofaser-Resiehandtücher zum Reisen, sind klein und feinfusselig fies, trocknen immer noch wie Blauwal und reißen zudem irgendwie die Fingernägel auf.

    Natürlich meine ich die Handtücher, nicht die Eltern.

  4. Eltern aus Mirkofaser, mein lieber Herr Wolf, sind auch kein guter Handtuchersatz.

  5. Und der Duschvorleger ist wohl aus einer Pilgerherberge am Jakobsweg geklaut, wie?

    Vorwärts immer, rückwärts nimmer!

  6. Werter Herr Krause, ich bin schockiert, was sie meinen Eltern so alles zutrauen.

    Es sei festgestellt, dass meine Eltern niemals Pilgern gehen würden, und schon mal gar nicht am Jakobsweg. Jedenfalls so lange sie nicht aussehen wie Hape Kerkeling.

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