Fünf Worte, ein Gedicht: Ödipus’ Ösophagus
Einen Echtheitsbeweis, seinerzeit gefordert von Herrn Medizinalrat Peh, bin ich noch schuldig. Er forderte ein Fünfwunschwortgedicht mit “Oesophagus, Planetengetriebe, Finanzkrise, Hoechstsatz und Grunf“. Nun, eigentlich wollte er das von Frau weltdeswissens angeregte Fünfwunschwortgedicht auf ein Zehnwunschwortgedicht erweitern lassen. Mein lieber Doc, da wollen wir mal die Kirsche im Torf lassen.
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Es hatte jüngst der Ödipus
etwas in sei’m Ösophagus.
(Beim Essen hatte er geschlungen
und laut auch noch dabei gesungen.)
Das ziert sich nicht (weiß jedes Kind),
doch wie die Prinzen oft so sind,
war Ödipus das ziemlich gleich:
Er durfte alles, er war reich.
Und als er sich dann prompt verschluckt’,
hatte Mama sich schnell geduckt,
denn Ödipus spie seinen Fisch
vom Platze aus quer über’n Tisch.
Mit einem halb erstickten “Grunf!”
(so wie der Hirsch während der Brunft,
also mit ähnlichem Geröhre),
so leerte sich die Speiseröhre.
Der Fisch landete mit wenig Liebe
just auf dem Planetengetriebe,
welches jemand in dieser Nacht
als Gastgeschenk hatt’ mitgebracht.
Den Höchstsatz Prügel hätt’s gegeben,
wär’ Papa Laios noch am Leben,
doch hatte Ödi mitgedacht
und rechtzeitig ihn umgebracht.
Des Prinzen Speikunststücks zum Trotz
blieb noch was stecken. (So ein Rotz!)
Zweckes Erlösung von der Qual
ging er zum Arzte seiner Wahl.
Auf dass er rauskomme, der Rest,
da schlug der alte Doktor fest*
mit der Faust in Ödis Magen
(ohne vorher was zu sagen).
Der Arzt war übrigens (ganz klar),
ein alter Freund vom Herrn Papa,
hatt’ Iokaste schon behandelt,
und war auch kurz mit ihr verbandelt.
Der böse Essensrest verschwand
(hing noch am Morgen an der Wand),
und Ödipus konnte nicht sprechen,
geschweige denn am Arzt sich rächen.
Den so kunstvoll geheilten Prinzen
schickte man fort mit einem Grinsen.
Des Arztes Rechnung kam zum Schluss:
Finanzkrise bei Ödipus.
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*Nicht etwa Doktor Faust. Der hat damit nix zu tun. Ehrlich.
4 thoughts on “Fünf Worte, ein Gedicht: Ödipus’ Ösophagus”
Ach Herr Scheibster, ich mags, wenn Sie dichten, weil Sie dann anscheinend nicht ganz dicht sind und die Worte nur so aus Ihnen herausquellen.. 😉
Genial!
Da kommt man Tage spaeter her,
man glaubt, der Scheibster schreibt nicht mehr
und muss dann voll Erstaunen seh’n,
dass da schon wieder Worte steh’n.
Der Oedipus, der M*****, *
sitzt da am Tisch, statt auf dem Acker
die Scholl’ zu drehn, wie sich’s gehoert
und fuehlt beim
essensingen sich gestoert.Genial geloest ist das Problem,
wie so ein “Grunf” hat auszuseh’n,
der da, mitsamt dem Graetenreste,
aus Oedipus raus springt, dann feste
einschlaegt in einem Satz von Raedern,
die fuer die Autos von den Maedern **
verbaut im Automatgetriebe
verhindern sollen freie Liebe
und Schalten mit dem dicken Knueppel.
Der, vorbehalten einem Ruepel,
mit Golfball heutzutag sich schmueckt
und schmerzhaft in die Leiste drueckt.
Herr Schreibster hat, das sagen wir,
den Test gemeistert und nun hier
bewiesen, dass er doch noch lebt
worauf dem Peh die Blase bebt.
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* wurde geloescht, ein Reim war schwer zu finden.
** die Lautverschiebung von R zu L, die im Chinesischen schon frueh stattfand, hatte zu Oedipus Zeit noch nicht gegriffen.
@frauvivaldi: Liebe FrauVau, dass ich kein Dichter, sondern eher ein Undichter bin, lasse ich mir nicht von vielen anhängen. Bei Ihnen drücke ich noch mal ein Auge zu. 😉
@weltdeswissens: Besten Dank, und gerne wieder, wenn die Muse und Muße mich lassen.
@Doktor Peh:
Mein lieber Peh, was soll ich sagen,
viel besser noch als zu verzagen
ist es groß zu dichten hier.
Kommense, denn ich spendier’
‘ne Flasche Schampus,
wenn’s denn sein muss,
auf Ihre Antwortreimkunst, die
mir so gut erscheint wie zuvor nie!