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Category: Scheibsters Shorties

Kidnapping Eugen (3)

Kidnapping Eugen (3)

Eugen schaute verwirrt. Gerade eben hatte dieser fiese Hüne, der sich Captain Grimm nannte, Manni aus der Zukunft eine verpasst.

„Du bist wirklich der größte Depp, der mir je über den Weg gelaufen ist“, hatte der martialisch wirkende Grimm gesagt, als ein zweiter Manni aus einer Luke* in der Wand erschienen war. Mit einem geröteten Kinn.

Noch mehr Trockeneis war dampfend zu Boden gefallen.

“Sind Sie Captain Grimm?”

“Zur Hölle, ja!” hatte der nicht wenig erstaunte Captain gesagt.

“Ein Anruf von Ihrer Mutter. Sie haben wohl vor der Zeitreise vergessen, Ihren Herd auszuschalten. Ihre Mutter sagt, sie sollen sich das Chaos jetzt anschauen, damit Sie wissen, warum Sie am besten gleich zurückkommen und das in Ordnung bringen. Aber zack, zack. Sie ungezogener Bengel, Sie.”

Ein Knurren war gefolgt, begleitet vom Klicken einer dann entsicherten Beretta.

“So sagte es Ihre Mutter! Entspannen Sie sich, Herr Grimm! Und stecken Sie bloß die Kanone weg”, hatte ein sichtlich nervöser Manni entgegnet. Der, der zuvor aus der Luke gekommen war, natürlich. Der andere hatte noch immer bewusstlos am Boden gelegen.

Einige Flüche brummend hatte sich Captain Grimm daraufhin verabschiedet.

“Wie in aller Welt hast Du das gemacht, Manni?” Eugen war verwundert und hatte Hunger. Mehr noch als Hunger hatte er Durst.

“Die Jungs haben immer ihre Schwachstellen. Und Zeitreisen kannst Du für echt tolle Tricks verwenden. Komm’ jetzt, wir müssen eine Zeitreise unternehmen, damit wir nicht in einem Paradoxon gefangen werden. Geht ganz fix.” Manni öffnete die Luke und stieg hinein, Eugen hinter sich her ziehend.

“Ist Paradoxon ein Gefängnis in Griechenland?” fragte Eugen. “Nach Griechenland wollte ich ja immer schon. Können wir nicht wenigstens griechisch Essen gehen?”

“Eugen, kannst Du für einen Moment die Klappe halten? Ich vertippe mich sonst”, sagte Manni aus der Zukunft und hantierte mit einigen flinken Bewegungen an einer Konsole mit vielen bunt leuchtenden Knöpfen.

“Ach, verdammt!” entfuhr es Manni, als die Lukentür wieder aufschlug und beiden die Sonne ins Gesicht schien.

“Hey Manni, ich frage die beiden Alten da drüben mal, ob sie was zum Futtern für uns haben.” Eugen stapfte aus der Luke zu zwei älteren Herren, die auf einer Steinbank saßen und die beiden Besucher neugierig anstarrten.

“Mahlzeit, Jungs! Könnt ihr mir sagen, wo ich hier auf die Schnelle zu ‘nem kühlen Bier und ‘ner Currywurst für meinen Freund und mich komme?”

“Du bist Eugen, nicht wahr?” sagte einer der Alten. “Setz’ Dich, mein Freund. Ich bin Aristoteles. Die meisten nennen mich Totti. Das neben mir ist Rakel.”

“Ich bin das Rakel von Elfi!” sagte der andere Alte.

“Na, du hast ja echt ‘nen Schuss”, sagte Eugen zu dem Rakel, seine Verwirrung langsam als Dauerzustand akzeptierend. “Was ist denn ein Rakel?”

“Ich weissage. Ich kenne die Zukunft!” sagte Rakel und klopfte sich stolz auf die Brust, während Totti die Augen verdrehte.

“Das Rakel von Elfi?” fragte Eugen und suchte in der sengenden Hitze nach einer Imbissbude.

“Jawohl. Ich bin sozusagen noch in Ausbildung. Wenn ich es schaffe, etwas wirklich Dramatisches vorherzusagen, wenn die Leute voller Ehrfurcht ‘Oh!’ ausrufen, dann habe ich es geschafft.”

“Dann bist du ein Oh-Rakel?” Eugen gab die Hoffnung auf einen schnellen Happen auf. Außer Steinsäulen, viel Sonne und den beiden Verrückten schien es hier nichts zu geben.

“Genau!” rief das Rakel freudestrahlend. “Darf ich dir etwas über deine Zukunft erzählen, Eugen? Warte – ich sehe… Ich sehe…” Das Rakel schien ein wenig in sich gekehrt und nahm seine Zeigefinger erst an seine Schläfen, steckte dann den rechten in seine Nase und den linken in sein rechtes Ohr. Schließlich warf er sich mit einem Ruck auf den Boden, schrie mehrmals “Agaaah, agaaah!” und blieb regungslos liegen. Totti trommelte mit seinen Fingern auf der Steinbank, während das Rakel sich langsam wieder aufrichtete und bedeutungsschwanger sein Wort an Eugen richtete.

“Du wirst Besuch bekommen von einem großen Krieger, aber nur kurz. Ein Freund wird seines Freundes Hammer verlieren und ein Omogone** sein Raumschiff.”

“Aha”, sagte Eugen. Das Rakel blickte verzweifelt erst Eugen, dann Totti an.

“Mist! Mist, Mist, Mist, Mist, Mist! Ich habe mir solche Mühe gegeben. Und was passiert? ‘Aha.’ Hast du eine Ahnung, wieviel Aha-Rakel es in Athen gibt, hm? Man kann die verdammten Straßen mit Ihnen pflastern!” Das Rakel setzte sich auf die Bank und drehte Eugen den Rücken zu. Manni trat neben Eugen.

“Ah, Manni aus der Zukunft! Sei gegrüßt!” sagte Totti mit einem spitzbübischen Grinsen. “Wieder mal vertippt?”

“Frag’ nicht. Bitte.” Manni scharrte verlegen mit den Füßen. “Das Gremium wird es richten müssen, das ist das, was mich wirklich ärgert. Nun, das und die Sache mit meinem Kinn.”

“Was ist mit deinem Kinn?” fragte Totti.

“Das erkläre ich dir ein anderes Mal. Komm Eugen, es ist Zeit zu gehen.” Manni zog Eugen an der Schulter Richtung Luke***.

“Und was machst du den ganzen Tag hier?” fragte Eugen mit Blick in Tottis Richtung.

“Ich denke”, sagte Totti.

“Das ist alles? Denken?” schrie Eugen, als die Klappe zufiel.

“Ja, das ist alles”, dachte Totti.

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Manni kam langsam zu sich und rieb sich sein Kinn. Dieser Grimm hatte ihm einfach Eugen entführt. Und ihn übel ins Gesicht gehauen.

Manni blieb nichts anderes übrig, als in die Zeitreisentrickkiste zu greifen.

“Ach, Eugen”, seufzte Manni aus der Zukunft.

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“Was ich dir noch sagen wollte: Oh!” sagte Totti.

“Zu spät”, murmelte das Rakel und schritt von dannen. “Ich gehe jetzt zu Elfi und hole uns Currywurst und ‘n Bier.”

“Ach, Rakel”, seufzte Totti.

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*Sparen Sie sich die Star Wars-Witze. Bitte. Wenigstens der Grammatik zuliebe.

** Lesen Sie es nach. Es lohnt sich.

*** Und es ist noch immer nicht der junge Skywalker.

Alltag eines unbekannten Superhelden

Alltag eines unbekannten Superhelden

Die Menschheit braucht Helden. Eigentlich zu jeder Zeit, und jede Zeit scheint ihre Helden zu haben. Deutschland hat gerade wieder welche bekommen, und die müssen sogar kaum mehr tun, als ein Stück Leder erfolgreich über eine Grünfläche zu treten. Und für die Damenwelt gut ausschauen und besser die Klappe halten.

(c) Walter Moers & Eichborn Verlag
Da Helden oft nicht mehr reichen, haben sich Comics dem Thema Superhelden seit dem letzten Jahrhundert gewidmet. Walter Moers hat sich auf seine Weise um diese Comics gekümmert. Danke, Walter.

Papier alleine aber ist grau und staubig. Und wo kann man Helden, Antihelden und Superhelden (und Super-Antihelden und Anti-Superhelden) besser Leben einhauchen als in der Traumfabrik Hollywoods?

Hat sich eigentlich schon einmal einer gefragt, warum die Rettung der Welt (der holden Jungfer, des Universums, der netten alten Dame, des dsungarischen Zwerghamsters etc.) immer erst in letzter Sekunde geschieht? Kurz bevor alles, aber wirklich alles zu spät ist?

Ja, weil’s spannend ist, werden einige denken. Ist auch richtig. Aber wie schaffen es die ganzen verschiedenen Helden und Superhelden immer genau den letztmöglichen Moment abzupassen? Ein Drehbuchschreiber für alle Filme?

Nein. Die Realität sieht ganz anders aus. Die Realität ist der Alltag von…

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Captain Umständlich und seinem jungen Helfer, Zotto Zögerlich*

Ein Raum voller Metall, in der Mitte ein Podest. Darauf eine furchtbar komplizierte Apparatur mit vielen bunten Drähten und so. Und einer riesigen digitalen Zeitanzeige, die natürlich rückwärts zählt. Weil der Erbauer kurzsichtig war und so alle anderen die verbleibenden Sekunden bis zur Explosion des gesamten bekannten Univerums gut mitverfolgen können.

Knapp neben dem Podest erscheint eine kreisrunde Schweißnaht im Boden. Der entstandene Deckel verschwindet langsam im Boden. Dumpfes Ächzen ist zu hören. Dann zwei Stimmen, die blechern durch den Raum hallen.

“Captain, wäre es nicht einfacher gewesen, das Bodenstück nach oben zu heben und hintereinander hinaufzuklettern statt nebeneinander?”
“Das wirst du erst später verstehen, mein lieber Zotto. Viel später.”

Weiteres Ächzen, als sich zwei in dunkle Capes gehüllte Gestalten aus dem Loch winden und sich nervös umsehen.

“Captain, ich hatte die fiesen Lichtschranken am Eingang dann doch noch ausgeschaltet.”
“Die, wegen der wir durch den Speisenlift und den Kabeltunnel hier herein gekrochen sind?”
“Ja, Captain.”
“Die, wegen der ich mir eine Laufmasche in meiner neue Captain Umständlich-Leggins zugezogen habe?”
“Ja, Captain.”
“Sehr gut, Zotto. Sehr gut. Ich habe doch gesagt, dass du das schaffst.”

Während eine der Gestalten noch am Boden in der Hocke bleibt, beginnt die andere damit, den Podest näher zu inspizieren.

“Das muss die Bombe sein, Zotto. Uns bleibt nur wenig Zeit, um die Welt zu retten. Also, du bleibst hier und bewachst die Bombe, und ich gehe und warne die Menschheit. Es müssen alle so schnell wie möglich in Sicherheit gebracht werden. Am besten mit Space-Shuttles.”
“Bist du sicher, Captain?”
“Ja, Zotto. Wir dürfen keine Zeit verlieren!”

Die Gestalt, die man mittlerweile dank des großen “U” auf der Brust als Captain Umständlich erkennen kann, beginnt damit, sich zurück in das Loch am Boden zu zwängen.

“Captain?”
“Ja, Zotto?”
“Die Lichtschranken sind aus. Du kannst die Tür benutzen.”
“Das würden sie erwarten, Zotto. Außerdem bin ich schon halb drin.”

Der Blick des jungen Zotto zögerlich wandert über die komplexe, als die Bombe identifizierte Apparatur, während der Kopf des Captain im Loch verschwindet.

“Es sind noch etwa 45 Sekunden, Captain. Meinst du, ich sollte versuchen, die Bombe zu entschärfen, während du die Menschheit vor der Gefahr ihrer Auslöschung warnst?”
“Nein, Zotto, denn den Kabelschneider trage
ich bei mir. Ich bringe ihn Dir, sobald ich die Menschheit gewarnt habe und die Evakuierung eingeleitet ist.”
“Ich habe das Kabel erkannt, Captain. Ich könnte es durchschneiden und es nachher so aussehen lassen, als hätte es der Cruise gemacht.”

Die Stimme des Captains entfernt sich immer mehr, und sein junger Helfer Zotto beugt sich über das Loch im Boden.

“Es sind noch 20 Sekunden, Captain. Und ich habe unseren Ersatz-Kabelschneider dabei.”

Mit einem lauten Scheppern fliegt die Tür auf, und ein verschwitzter Captain Umständlich betritt den Raum.

“Nur mit meinen Kabelschneider, junger Zotto. So steht es im Vertrag.”

Der junge Zotto blickt vom Loch auf und nimmt das Werkzeug entgegen. Dann beugt er sich über die Apparatur.

“Soll ich wirklich, Captain?”
“Nur zu, junger Zotto. Ich habe die Menschheit gewarnt. Die Evakuierung ist eingeleitet.”

Der junge Zotto zögert kurz und lässt den Kabelschneider sinken.

“Wow, Captain, da warst du echt schnell! Wie hast du das denn geschafft?”
“Zotto, schneide bitte jetzt das Kabel durch.”
“Soll ich wirklich, Captain?”
“Ja, Zotto.”

Einige Sekunden atemloser Stille verstreichen.

Knips.

“Aber erst, wenn der Zähler auf “00:00:01″ steht, Zotto. So, wie es im Vertrag steht.”

Weitere Sekunden atemloser Stille verstreichen.

“Kannst du das Kabel irgendwie flicken, mein junger Helfer?”
“Reichst du mir bitte den Ersatz-Zähler, Captain?”
“Ah, ja. Natürlich, Zotto. Mach’ dir keine Gedanken, mir ist das am Anfang auch öfter passiert.”

Captain Umständlich klopft Zotto Zögerlich einige Male auf die Schulter bevor er sich dem Loch im Boden zuwendet.

“Ich gehe dann mal die Menschheit entwarnen, Zotto. Und sieh zu, dass du weg bist, wenn Tom hier eintrifft.”

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*Richtig gelesen. Die kennt kein Schwein? Eben, das ist wahres Heldentum. Sie springen überall ein, wo es knapp werden soll und überlassen die Lorbeeren den anderen.

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Ein besonderer Dank gilt hier dem Klapsenschaffner, der geistiger Mitpapi der beiden Akteure ist.

Kidnapping Eugen (2)

Kidnapping Eugen (2)

“Wo bin ich hier und wer bist du?”, fragte Eugen verwirrt.

“Du bist in der Zukunft, und ich bin Manni”, sagte Manni aus der Zukunft, der vor ihm stand.

Eugen klopfte sich das Trockeneis von den Schultern, dass dort nur wegen der Special Effects existierte.

“Manni also”, sagte Eugen, während er seinen Blick schweifen ließ.

“Ja, Manni.” Manni schien sichtlich verlegen. Das Trockeneis auf dem Boden dampfte vor sich hin.

Eugen runzelte die Stirn.

“Wenn das die Zukunft ist, Manni, wann ist die Gegenwart?”

“Gestern”, entgegnete Manni aus der Zukunft. “Naja, manchmal auch vorgestern.”

“Was ist mit heute?”, fragte Eugen sichtlich verwirrter als noch zuvor.

“Na, das war gestern. Ist doch klar.” Manni scharrte nervös mit den Füßen. “Und bevor du fragst: Morgen ist heute, und heute ist gestern.”

Eugen schaute den letzten Krümeln Trockeneis beim Verdampfen zu.

“Ich habe Hunger”, sagte er. “Ich fühle mich, als hätte ich seit gestern nicht gegessen.”

“Oh, das ist lange”, sagte Manni aus der Zukunft mit ehrlichem Mitleid im Gesicht.

Eugen wurde ungeduldig. “Und du hast echt einen an der Klatsche, Manni.”

“Ach Eugen”, seufzte Manni aus der Zukunft.

Kidnapping Eugen

Kidnapping Eugen

Who the hell is Eugen?

Eugen war eine nachtschichtmüdigkeitsgeschwängerte Idee vom Klapsenschaffner. Aber irgendwie scheint Eugen sich zu verstecken. Darum muss ich ihn retten, indem ich ihn entführe.

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Eugen starrte auf seine angetrunkene Flasche Beck’s Gold.

“Du bist ja angetrunken”, sagte Eugen zur Flasche.

“Pah, du aber auch”, entgegnete die Flasche und glitzerte mit ihrem Etikett. “Außerdem bin ich schon halb leer. Nein, ich bin halb voll. Gerade wie du.”

Eugen blinzelte. Die letzte Flasche Beck’s Gold war nicht so flapsig gewesen. Der Kronkorken im Aschenbecher nickte zustimmend.

“Die Flasche zuvor war nicht so flapsig wie du”, sagte Eugen.

“Ach, Eugen”, sagte die Flasche.