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Tag: RMV

Blogführerstreik

Blogführerstreik

Pah. Ab morgen streike ich auch.

Heute morgen eine Dreiviertelstunde in Frankfurt einen Parklpatz gesucht, um dann einen nehmen zu müssen, der mich mit tödlicher Sicherheit einen blauzetteligen Gruß kosten wird.

Pah.

Blaudunstige Geschmacklosigkeit

Blaudunstige Geschmacklosigkeit

Ich greife nun ein Thema auf, dass ich in sendungsbewusster Art und Weise immer wieder gerne aufgreife: Das Rauchen.

Goss doch heute eine Meldung Öl in mein leidenschaftlich loderndes Nichtraucherfeuer.* Die (bundesdeutsche) Wissenschaft hat es bewiesen: Raucher haben weniger olfaktorische Lebensqualität als andere. Umgangssprachlich meint das, dass Raucher teils bedeutend weniger riechen und schmecken als Nichtraucher**, und dass Rauchen sogar zu chronischen Schäden an den entsprechenden Nerven führen kann.

Das muss, gerade wenn man wie ich auch bei sommerlichen Temperaturen auf den ÖPNV angewiesen ist, nicht zwangsweise von Nachteil sein. Ja, liebe Raucher, gelegentlich mag fehlende Sensibilität von Nase und Zunge durchaus ein Segen sein. Mir bleibt aber die Frage, ob ich für den blauen Dunst freiwillig auf ganze Sinnesdimensionen verzichten würde.***

Von meinen eigenen Riech- und Schmeckerlebnissen ausgehend kann ich nachempfinden, dass die genannten Einschränkungen für viele Raucher (wie auch für Knoblauchgourmands) eine Art Selbstschutz sein können. Ich mag ein wenig überempfindlich sein, aber auf meiner Erotikskala von 1 bis 10 liegt Tabakgeruch und -geschmack an weiblichen Mitmenschen etwa bei -50 und damit gleichauf mit Knoblauchausdünstungen und altem Körperschweiß.

Ich frage mich, ob ich in dieser Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung bin und ob sich die Raucher unter meinen Lesern nicht manchmal ein bisschen mehr Geruchs- und/oder Geschmackssinn**** wünschen.

Was meint ihr?
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*Ich möchte betonen, dass ich das Rauchen an sich doof finde, damit aber kein Urteil über alle Raucher dieser Welt fällen möchte.

**Das kann sich nach den Erfahrungen meines Freundes Jan auch wieder regenerieren. Ihm zufolge macht es einen erheblichen Unterschied, den er sehr bald nach seiner Zigarettenabstinenz bemerkt hat.

***Und ich möchte hier erst gar nicht auf die durch Zigarettenqualm verursachte Beeinträchtigungen der Geruchs- und Geschmackserlebnissen von Nichtrauchern eingehen. Nun, vielleicht doch.

****Geschmack haben sie sicher, sonst wären sie nicht hier. Hehe.

Bahnhof der verlorenen Seelen

Bahnhof der verlorenen Seelen

Mit Stille erwartet er mich. Seine Lichter brennen, als wären hunderte zugegen. Ihr Schein kämpft gegen die erbarmungslose Schwärze der Nacht, doch mehr als Verzweiflung geht von ihnen nicht aus.

Die Stille schreit mir die Abwesenheit jeglichen Lebens entgegen. Die sommerlich-lauen Temperaturen fallen alleine durch das Konglomerat aus Stein, Stahl und Elektrizität, während ein geisterhafter Schemen mir verspricht, den Weg zur Lunge mit Gold statt mit Teer zu pflastern.

Ich schenke ihm keinen Glauben, und mein Blick streift ein Objekt, das die buntbefensterte Kathedrale dieses Ortes zu sein scheint. Doch die scheinbar in ihr liegende Erlösung entpuppt sich als überteuerter Ablasshandel für die unterzuckerte, frustzerfressene Blutbahn. Die eingesperrten Süßigkeiten flehen den Betrachter sirenengleich nach Befreiung an, doch haftet ihnen der gleiche Lügengeruch an, den auch der Gold-Mann verbreitet.

Ich wende mich ab und stelle fest, dass helle Scheinwerfer sich vom Horizont mit gleichmütiger Geschwindigkeit nähern. Ein schier endloser Koloss aus Stahl gleitet fast lautlos über die Schienen, um einige Meter entfernt eine Verschnaufpause einzulegen.

Seine fensterlose Hülle knarzt und ächzt, es poltert in seinem Inneren. Die verlorenen Seelen, die er transportiert, haben sich schon lange mit ihrer Odyssee abgefunden. Mit Erstaunen registrieren einige meine Anwesenheit, um dann zurück in ihre Lethargie zu verfallen.

Wie sie wohl dort hineingekommen sind, frage ich mich.

Dann wird es schwarz.

These boots are made for…

These boots are made for…

Es ist eines der großen Mysterien der Menschheit.*

Neulich auf dem Weg zum (leider spackenverseuchten) Genuss von “300” sahen Leif und ich einen einzelnen Schuh am Straßenrand liegen. Wir wunderten uns beide, denn ein solches Bild bietet sich dem aufmerksamen Betrachter nicht selten.

Wie in aller Welt kommt es dazu, dass jemand einen einzelnen Schuh am Wegesrand verliert und ihn nicht wieder aufsammelt?

Die einfachste und zugleich langweiligste Erklärung ist die, dass der Besitzer sturzbetrunken** durch die Gegend fiel, den Schuh dabei verlor und am nächsten Tag nicht mehr seinen Namen kannte, geschweige denn den Aufenthaltsort aller Kleidungsstücke der Garderobe des Vorabends.

Allerdings sehe ich viel seltener betrunkene Menschen am Wegesrand herumfallen als einsame Schuhe an eben jenem herumliegen. Es muss also noch weitere Gründe geben.


Nicht gerade am Wegesrand, aber trotzdem alleine

Wenn zum Beispiel das kleine Peterle beim Spielen an Papas Gartenteich von einem aus dem Terrarium des Nachbarn entflohenen und sehr hungrigen Keilkopf-Glattstirnkaiman ein Bein abgebissen bekommt, dann könnte ich mir vorstellen, dass das kleine Peterle irgendwann feststellt, dass es den zweiten Schuh gar nicht mehr braucht. Und zwar jeden zweiten seiner Schuhe.

Frustriert von dieser Erkenntnis und von vielen Berufszweigen nun ausgeschlossen, könnte das kleine Peterle sich an den Straßenrand stellen, den zweiten Schuh durch die Luft wirbeln lassen und so tun, als ob ihn der nächste Vorbeifahrende angefahren hätte. Es würde weinen, mit der Polizei drohen und schließlich Geld erpressen.*** Wenn der Schwindel aber auffliegt, so hat ein einbeiniges kleines Peterle sicher Besseres zu tun, als vor seiner ohnehin schwierigen Flucht noch den zweiten Schuh aufzuheben.

Und wenn jetzt jemand denkt, dieses Szenario sei aber ganz schön absurd, dann kann ich demjenigen nur nahelegen, sich probeweise ein Bein abbeißen zu lassen und dann zu versuchen, einen Job zu finden. Oder gar einen einzelnen Schuh im Schuhgeschäft zu kaufen.

Eine weitaus naheliegendere Theorie ist eng verbunden mit dem Problem sockenfressender Waschmaschinen. Wenn ich zwei Socken habe, und einer wird von der Waschmaschine vernichtet, dann habe ich ein Problem: Schuhe**** zieht man nur mit Socken an – wegen des sonst unvermeidlich auftretendenden Fußschweißgeruchs. Habe ich also beispielsweise nur noch einen rechten Socken, so kann ich meinen linken Schuh getrost wegwerfen, womöglich noch irgendwo am Wegesrand, auf dass sich jemand darüber wundert.*****

Wem das noch nicht reicht, dem gebe ich noch eine weitere Erklärung: Kürzlich habe ich ein passendes Gegenstück zu dem einsamen verlorenen Stiefel von weiter oben entdeckt. Die ganzen herumliegenden Schuhe sind mit aller Wahrscheinlichkeit nämlich ein riesiges Memory-Spiel von gelangweilten Göttern. Götter, an die kein Mensch mehr glaubt. Wie der Gott des Schuhe-verkehrt-herum-Tragens, oder der Es-gibt-passende-Schuhe-im-Schlussverkauf-Gott.


Unweit des anderen Stiefels taucht plötzlich dieser zweite auf. Verdächtig. Sehr verdächtig.

Die letzte (und wirklich allerletzte) Deutung dieses kosmischen Rätsels liefert das Auftauchen des zweiten Stiefels ebenfalls: Einige Schuhe besitzen ein Eigenleben. Dem Drang nach Selbstverwirklichung folgend, trennen sie sich von ihrem rechten bzw. linken Partner, um die Welt zu erkunden.

– Was macht ein einsamer Stiefel wie du an diesem Ort?

– Ich suche Listi. Den linken Stiefel. Mein Gegenstück.

– Ich glaube, den habe ich auf den Gleisen gesehen. Er murmelte etwas wie “Um eine Fußesbreite hätte ich den verdammten Zug erwischt. So ‘ne Kacke aber auch.”

– Dann richte ihm einen schönen Gruß aus, wenn du ihn das nächste mal siehst. Sag’ ihm, seine Resti habe ihm vergeben und sei auf dem Weg, ihn abzuholen.

Wenn ihr noch andere Ideen habt, die dieses Mysterium entschlüsseln, lasst es mich wissen. Ich bin gespannt. Und wenn ihr mal einen Schuh verlieren solltet: Sammelt ihn bitte wieder auf. Oder legt den zweiten dazu. Danke.

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* Seit der Erfindung der Schuhe.

** Oder in anderer Art und Weise von Drogen berauscht.

*** Natürlich unter Benutzung des zweiten mit Hackfleisch, Kunstblut oder Kirschmarmelade versehenen Schuhs.

**** Natürlich keine Badelatschen oder Sandalen.

***** Keine Waschmaschine wird mich jemals zu Fußschweißgeruch treiben. Jawoll.

Angel of Westbahnhof

Angel of Westbahnhof

Wer es noch nicht bemerkt haben sollte:

  1. Ich halte mich oft am Frankfurter Westbahnhof auf.
  2. Der Frankfurter Westbahnhof ist mit Abstand einer der hässlichsten Bahnhöfe, die ich kenne.

Umso interessanter ist es, an eben jenem Ort, an dem ich so oft bin und der mein Auge nicht selten durch seine schiere Existenz beleidigt, Dinge zu sehen, die ich nicht erwarte.


Eine dieser Überraschungen sitzt in einem der kleinen Fenster jenes Teils des Bauwerkes, der nur für Befugte zu betreten ist.

Kürzlich habe ich noch Böses über sie geschrieben, und im nächsten Moment mache ich selbst Fotos von ihnen.*

Und heute morgen bin ich zu ihm gegangen, um endlich ein Foto aus der Nähe zu schießen, nachdem ich mir das wochenlang schon vorgenommen hatte.

– Ui. Hey, Kleiner, was machst du denn da?

– Blöde Frage. Ich habe das Fenster geöffnet, weil hier drinnen einer gefurzt hat.

– Sitzt du etwa in der Betriebstoilette?

– Das geht dich nix an.

– Ich muss gestehen: Ich hatte mir Engel irgendwie gesprächiger vorgestellt. Und, äh, netter.**

– Dafür kann ich nichts.

– Äh, nein. Sicher nicht. Lass mich raten: Wenn es nach dir ginge, würdest du nicht dort sitzen.

– Bingo. Ich meine, schau dir das hier an. Ich sitze auf einer gottverlassenen Betriebstoilette. Alles hier ist hässlich. Die Menschen, die draußen vorbeigehen, sind in Eile oder betrunken. Oder beides. Sie sehen mich nicht einmal. Naja, alle außer dir. Und die Menschen hier drinnen haben anderes im Sinn als meine putzigen Goldlöckchen.

– Die Locken magst du auch nicht?

– Nein, die nerven. Die nerven wie Sau! Und erst die Flügel. Ewig diese Milben! Und wie das juckt!

– Wenn du in die Mauser kommst?

– Ja, mach’ dich nur lustig. Komm, sag’s nur: Das sind doch gar keine echten Federn.

– Wäre mir nie in den Sinn gekommen. Ehrlich. Aber jetzt, da du’s erwähnst…

– Ach, Mann. Ich habe echt keinen Bock mehr. Holst du mich hier raus?

– Tut mir leid. Ich darf da nicht rein. Außerdem mag ich keine Putten.

– Na toll.

– Aber ich freue mich, dich morgen hier wiederzusehen.

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* Ich bitte, diese persönliche Entwicklung nicht mit Rückgratlosigkeit zu verwechseln.

** Also insgesamt englischer.