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Category: Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XXII

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XXII

Auch für einen Raketenwissenschaftler ist heutzutage funktionierende Informationstechnologie Grundvoraussetzung dafür, Raketen zu erforschen oder gar zum Fliegen zu bringen.

Da die wissenschaftliche Arbeit sehr hohen Stellenwert genießt, darf die Raketenwissenschaftlerzeit selbstverständlich nicht mit Herumfriemeln am Raketenwissenschaftlerforschungslaptop vergeudet werden. Das machen dann solche, sie sich vermeintlich damit auskennen.

Früher hieß die Firma, an die mein Raketenlabor* die Hard- und Softwareschrauberei ausgelagert hat, anders als heute. Der Name wurde von meinen Raketenwissenschaftlerkollegen auch gerne und liebevoll mit “Service ist nicht unsere Sache”** interpretiert.

Diese Interpretation war wohl in gewissem Maße zutreffend, denn vor nicht allzu langer Zeit wurde eben jene Firma von einer anderen gekauft.*** In diesem Zuge wurde auch der Name geändert: Der neue Euphemismus lautet nun “SupportPlus”, und schon beim Betrachten der Telefon-Hotline-Nummer wird deutlich, wo der geneigte und früher oder später verzweifelte Anrufer landen wird.


IT-Support vom Fürst der Finsternis persönlich.

Dass es beispielsweise nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit ist,**** neue Software mit Hilfe eines von der Intranetseite des IT-Supports heruntergeladenen, ausgedruckten, ausgefüllten, doppelt unterschriebenen und einfach legalisierten und anschließend an den IT-Support per Post (!) versandten Antragsformular an die endanwendenden Raketenwissenschaftler zuzuweisen, ist eben jenen spätestens beim zweiten Male gleich, vorausgesetzt, es funktioniert wenigstens irgendwann und irgendwie.

Ich muss aber anerkennen, dass die Erfahrungen mit “SupportPlus” überaus förderlich für Demut und Bescheidenheit sind: Werte, die meines Erachtens in der schnelllebigen und profitorientierten Gesellschaft der Gegenwart einen viel zu stiefmütterlich behandelten Stellenwert eingenommen haben.

Und wer jetzt glaubt, dass ich unbedingt Administratorrechte auf meinem Raketenwissenschaftlerforschungslaptop haben möchte, der hat Recht. Und zwar ganz schön dolle.

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*Oder wenigstens eine Hälfte meines Raketenlabors.

**Wer damit nichts anfangen kann, schätze sich glücklich. Ehrlich.

***Und die Götter alleine wissen, warum eine andere Firma das hätte tun wollen. Ganz ehrlich. Nun, vielleicht wegen der offenbar höchst gleichmütigen Kunden.

****Seit Jahren eigentlich schon nicht mehr, jedenfalls in einem Raketenlabor von der Größe dessen, in dem ich werktäglich forsche.

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XXI

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XXI

Gemeinheit.

Da denkt man im einen Moment noch, man muss zwischen den Jahren nicht forschen. Im nächsten Moment stellt man mit vorgesetzter Unterstützung und entsprechendem namenlosen Entsetzen fest, dass das noch gar nicht feststeht und der Urlaub zwischen Weihnachten und Silvester für 2008 eingetragen ist. Und schon fertigt man mangels Fluxkompensators Lose, um den Schwarzen Raketenpeter* für dieses Jahr dem Chef oder dem Raketenwissenschaftlerkollegen als letzte Rettung unterzumogeln fair zuzulosen.

Und dann zieht man das höchstselbst extra fies gestaltete Los, dass zunächst wie die anderen nur “Glück” offenbart, ebenfalls höchstselbst.


Manchmal wird man eben nur Zweiter: Wer anderen eine Grube lost, zieht selbst dort ein.

Nun, vielleicht werde ich die Zeit nutzen, um mit dem Herrn Gindra weiter an seinem Eimer zu forschen. Irgendwas muss man an diesen zwei Tagen ja steigen lassen.

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* Ist das eigentlich noch politisch korrekt? Müsste es nicht nunmehr der Farbige Raketenpeter heißen?

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XX

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XX

Es soll keiner sagen können, Raketenwissenschaftler seien nicht kreativ. Einer meiner neuen Raketenwissenschaftlerkollegen, der Herr Gindra, hat im Sinne der Umweltfreundlichkeit eine energiesparende Innovationssensation einfach eben so aus seinem Ärmel gezaubert:

Den Montgolfiereimer.


Mindestens dreißig Zentimeter Flugweite dank Thermik und den anderen Gesetzen der Physik: Herr Gindras Montgolfiereimer

Das Prinzip ist bestechend einfach: Eine leere Mülltüte in einem leeren Müllereimer verbringen und das Werk danach auf die Klimaanlage oder Heizung stellen. Funktioniert zwar nur, wenn geheizt wird, eignet sich aber prima für Laborwettbewerbe à la “Wer kriegt seinen Eimer am schnellsten hoch?” oder “Wer hat die größte Tüte?”, kurzum den Reiz der archaischen Zonen des (männlichen) Raketenwissenschaftlerhirns.

Ein echter Teufelskerl, der Herr Gindra.

Und wer jetzt behauptet, das sei alles Zufall gewesen und der Herr Gindra habe einfach nur Glück gehabt, der ist ein alter Spielverderber.*

Jawoll.

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* Zumal viele der größten Erfindungen der Menschheit in ihrer Entstehung dem Zufall zuzuschreiben sind. So war die Klobrille zunächst eigentlich nur ein defekter, unabsichtlich durchgesessener Klodeckel, der sich dann aber als nettere Alternative zur nackten Keramik erwies.

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XIX

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XIX

In Zeiten, in denen Raketentreibstoff immer unerschwinglicher wird, ist in meinem Raketenlabor Kostendisziplin* gefragt. Wie auch andernorts werden werden hier einzelne Raketenwissenschaftlerteams in regelmäßigen Abständen umstrukturiert und umbenannt. Wegen des allgemeinen Kostendrucks ist in solchen Fällen Kreativität gefragt, um weiterhin die richtige Fahne hochhalten zu können.


Praktisch und flexibel: Jede weitere Änderung der Abteilungsbezeichung ist im Nu umgesetzt.

Auch Schutz vor den Zündungsblitzen bei Raketenstarts oder Forschungsmonitorstrahlung muss der Raketenwissenschaftler von heute oft selbst vornehmen. Der Herr Schmidt aus meinem alten Raketenlabor hat das dokumentiert. Zu sehen ist der Herr Jamaleddine, der mit eigens besorgter Strahlenschutzbrille dem grellen Licht des brennenden Raketentreibstoffes trotzt.


Kein Fehler in der Matrix: Herr JamaleddiNeo bleibt vollkommen gelassen.

Ich für meinen Teil werde mich jetzt wieder ins kürzlich installierte Hamsterrad setzen, damit hier heute abend nicht das Licht ausgeht.
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*Auf Bullshitbingo-Neudeutsch auch gerne “cost containment” genannt.

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XVIII

Aus dem Leben eines Raketenwissenschaftlers, Teil XVIII

Letzte Woche war ich morgens noch einmal in meinem alten Raketenlabor. Ich hatte nämlich dort einst eine Raketenblaupausendatenbank gebaut und musste meinen Ex-Raketenwissenschaftlerkollegen noch ein wenig erklären, wie man das Datenchaos produktiv nutzen kann.

Natürlich habe ich mich sehr gefreut, alle alten Gesichter wiederzusehen, aber ich mache mir ernsthaft sorgen um den Herrn Schmidt. Er hatte zwar extra und nur für mich seine Biene-Maja-Krawatte* angezogen, aber ich musste auf seinem Labortisch einen ärztlichen Hinweis finden, der mich aufschrecken ließ: Nicht nur, dass der Herr Schmidt vor lauter Trennungsschmerz zum Arzt** muss, nein, der Arzt muss ihn noch explizit bitten, vorher keinen Alkohol zu trinken. Trinkt er am Ende wegen mir?


Auch in den schlimmsten Lebenslagen noch gut gelaunt: Der Herr Schmidt.

Ich rede mir einfach ein, er hätte nur meinen Weggang über Wochen überschwänglich gefeiert. Das ist zwar bestimmt gelogen, aber es beruhigt mein Gewissen.

Und wer jetzt behauptet, ich sollte mehr trinken und weniger schreiben, der ist ein alter Spielverderber.

Jawoll.
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*Schade eigentlich, dass der Herr Schmidt nicht Mayer heißt, sonst wäre er für einen schönen Wortwitz gut gewesen.

**Der Arzt heißt Herr Schmitt und hat sogar den gleichen Vornamen wie der Herr Schmidt, freut sich aber angeblich nie besonders, den Herrn Schmidt zu sehen. Tsk.